Onassis' Erben – Griechenlands neue Reeder

In seinen besten Jahren umfasste die Flotte seiner 30 Reedereien über 900 Schiffe. Der Grieche und Lebemann Aristoteles Onassis ist für viele auch heute noch ein Vorbild.
In seinen besten Jahren umfasste die Flotte seiner 30 Reedereien über 900 Schiffe. Der Grieche und Lebemann Aristoteles Onassis ist für viele auch heute noch ein Vorbild.(c) Bettmann Archive (Bettmann)
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Von Aristoteles Onassis und Stavros Niarchos haben sie gelernt. Die neue Generation griechischer Schiffseigner agiert nicht nur erfolgreich auf den Weltmeeren, sondern hat auch in der Politik und Finanzwelt viel zu sagen.

In Piräus gab es am 26. Mai, dem Tag der Europa- aber auch der griechischen Gemeindewahlen, eine eigenartige Wahlparty. Denn die Aufmerksamkeit der feiernden Anhänger galt nicht dem amtierenden Bürgermeister der Stadt, sondern einem einfachen Gemeinderat seiner Fraktion. Als Vangelis Marinakis, ein massiger Mann im schwarzen Hemd und kurz gestutzten Vollbart, ans Rednerpult trat, fuhren alle Smartphones hoch, setzte Jubel ein. Kein Wunder, Marinakis ist nicht irgendjemand: Er besitzt den Fußballklub Olympiakos Piräus und eine der größten Mediengruppen des Landes, vor allem aber ist er Reeder. Nein, er ist nicht der größte griechische Reeder, aber einer, der gerade bei einem Mega-Deal an der New Yorker Börse mitmischte. Seine Beteiligung am neuen Tankergiganten Diamond S Shipping beträgt immerhin ein Drittel der Aktien, der Wert der Schiffe soll sich auf 1,6 Milliarden Euro belaufen. Hinter Diamond S steht unter anderen US-Handelsminister Wilbur Ross. Da kann man sich nur wundern, was den Reeder dazu bewegt, sich als Gemeinderat in Piräus aufstellen zu lassen und wie ein Schneekönig über seine 13.000 Vorzugsstimmen zu freuen – außer seinem Hass gegen die Linksregierung von Alexis Tsipras.

Tsipras auf der Jacht. Auch eine andere Reeder-Familie sorgte für Aufregung in diesem Wahlkampf, allerdings unfreiwillig. Denn Premier Tsipras hatte Pech: Es tauchten Fotos auf, die ihn Zigarre rauchend an Deck einer Luxusjacht zeigten. Wie sich herausstellte, gehörte das Schiff der Frau des bekannten Reeders Periklis Panagopoulos. Die Bilder vom lang geheim gehaltenen Kurzurlaub der Familie Tsipras auf Rechnung der Reeder-Gattin machte schlechten Eindruck auf das Wahlvolk – auch wenn bekannt war, dass die Dame als Beraterin des linken Volkstribunen fungierte. Gatte Periklis Panagopoulos war der Gründer der Superfast Ferries und der Blue Star Ferries. Millionen Touristen haben schon auf den Passagierschiffen dieser Linien ihren Urlaub in Griechenland begonnen. 2009 wurde ihm sein Reichtum fast zum Verhängnis: Er wurde entführt und kam erst nach Zahlung einer zweistelligen Millionensumme wieder frei.

Namen wie Marinakis und Panagopoulos sind außerhalb Griechenlands kaum bekannt. Sie haben wenig vom internationalen Glamour der alten Jet-set-Reeder, allen voran Aristoteles Onassis und Stavros Niarchos. Doch es lohnt sich auch heute, die Reeder aus ihren Schlupflöchern herauszuholen in der Schweiz, in Monte Carlo, London oder auch Ekali, einem Nobelvorort Athens. Denn sie haben nicht nur in Griechenland überall ihre Hände im Spiel, von der Schifffahrt über Immobilien, Banken, Medien, Raffinerien und Hotels bis zur Stahlindustrie; sie sind wieder einmal auf Platz eins der Liste der größten Schiffseigentümer dieser Welt zu finden. 2018 besaßen die Griechen nach Angaben der britischen Agentur VesselsValue Schiffe im Wert von über 100 Milliarden Dollar und kontrollierten damit ein Fünftel der gesamten Weltflotte.

Tugenden der Vorväter. Dass die Erben von Onassis und Niarchos die erfolgreichsten Schiffseigentümer sind, liegt an Tugenden, die sie ihren Vorvätern abgeschaut haben: Gespür für Trends, konsequente Globalisierung, Anpassungsfähigkeit. Letztes Jahr etwa haben griechische Reeder Flüssiggas (LNG)-Tanker im Wert von über fünf Milliarden Euro in Auftrag gegeben. Das wird Überkapazitäten produzieren, die Preise werden purzeln, fürchten viele. Nicht so die Griechen. Sie prognostizieren, dass auch die Nachfrage stark steigen wird. Man kann davon ausgehen, dass sie recht behalten werden. Flüssiggasterminals sind zwar teuer, machen die Nutzer jedoch flexibler, und daher unabhängig von der noch teureren Pipeline-Infrastruktur.

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