Obsorge: Veto der Frauenministerin

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SPÖ-Ressortchefin Gabriele Heinisch-Hosek begrüßt Erleichterungen im Namensrecht. Pläne von ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl zur Ausweitung der Väterrechte bleiben aber Zankapfel.

Wien/Ett. Es wird noch dauern, bis es in der Regierung Einigkeit über weitreichende Änderungen im Familienrecht gibt. Der von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) vorgelegte Entwurf beinhaltet die Möglichkeit von Doppelnamen für Kinder; ebenso, dass Kinder nach Scheidungen abwechselnd bei beiden Elternteilen wohnen können; er brächte eine Ausweitung (im Regelfall) für Väter durch eine gemeinsame Obsorge beider Elternteile nach strittigen Scheidungen.

Genau bei diesem schon bisher heftig umstrittenen Punkt meldet SPÖ-Verhandlerin, Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, nach einem ersten „konstruktiven“ Gespräch mit Karl erneut Einspruch an: „Für mich ist das schon die Automatik durch die Hintertüre“, bemängelt Heinisch-Hosek, Denn die gemeinsame Obsorge bei strittigen Scheidungen (rund zehn Prozent der Ehetrennungen) laufe weiter – außer in „Extremfällen“, wenn etwa Gewalt im Spiel ist. Karls Aussagen in den Medien und die Formulierungen im Entwurf seien in dem Punkt „zwei verschiedene Dinge“, bedauerte die SPÖ-Frauenministerin.

Gemeinsame Obsorge die Regel?

Die ÖVP-Justizministerin hält an ihrem Plan fest: „Wir wollen die gemeinsame Obsorge als Regelfall“, wurde der „Presse“ am Mittwoch im Büro Karls erklärt. Derzeit sei es bei strittigen Scheidungen so, dass es keine gemeinsame Obsorge gebe. Zugleich wurde Heinisch-Hoseks „Lesart“ des Entwurfs zurückgewiesen: „Es gab keine und es gibt keine Automatik.“ Einzig entscheidend sei das Kindeswohl. In der Regel sei es für das Kind das Beste, wenn es die Obsorge beider Elternteile gebe.

Die Justizministerin hat, wie „Die Presse“ berichtete, ihre Pläne Mitte Juni bei einer Tagung der Familienrichter erstmals vorgelegt. Neben der gemeinsamen Obsorge stößt Karl mit der Absicht, dass Kinder nach einer Trennung ihrer Eltern abwechselnd bei der Mutter und beim Vater wohnen können („Doppelresidenz“), beim Koalitionspartner auf Widerstand. Heinisch-Hosek lehnt das mit Hinweis auf Experten ab: „Ein Kind braucht einen Lebensmittelpunkt.“ Karl will die Verhandlungen nicht über die Medien führen, man werde sich diesen Punkt aber anschauen.

Antrag erst nach zeitlichem Puffer

Neben diesen beiden Zankäpfeln sieht die Frauenministerin „Gesprächsbedarf“ bei weiteren Punkten. Ein Antragsrecht für ledige Väter auf eine gemeinsame Obsorge ist für sie in Ordnung. Damit werde auch einem Spruch dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nachgekommen. Allerdings dürfe das nicht gleich nach der Geburt des Kindes, sondern erst später beim Pflegschaftsgericht erfolgen. „Da muss ein gewisser zeitlicher Puffer eingebaut werden“, verlangt Heinisch-Hosek,

Sie ist auch dagegen, dass bei ledigen Paaren gleich auf dem Standesamt der Antrag auf eine gemeinsame Obsorge eingebracht werden kann. Heinsch-Hosek befürchtet, dass Mütter sonst „überrumpelt“ werden könnten. Daher soll der Antrag wie bisher erst nach einer Frist beim Pflegschaftsgericht eingebracht werden können.

Eine Präzisierung müsse es beim Besuchsrecht nach Scheidungen geben. Nach dem Entwurf müsste im Scheidungsvertrag festgelegt werden, wie der Kontakt mit dem Kind nach der Trennung erfolgt. Ein Mindestmaß an Kontakten sei nicht fixiert.

Ein Name für eingetragene Paare

Grundsätzlich positiv bewertet die SPÖ-Ministerin, dass Kinder nach dem von Karl geplanten Namensrecht auch Doppelnamen führen können. Heinisch-Hosek fordert jedoch auch einen Familiennamen für „Regenbogenfamilien“, also für eingetragene lesbische oder schwule Partner.

Karl möchte das neue Familienrecht noch im Herbst beschließen lassen. Heinisch-Hosek legt sich nicht fest, fordert aber ausführliche Beratungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2012)

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