Stimmt die SPÖ dem ÖVP-Demokratiepaket zu, dann würde die ÖVP ihren Widerstand gegen den SPÖ-Wunsch nach einer Volksbefragung über das Berufsheer aufgeben.
Die ÖVP möchte ihr Demokratiepaket verwirklicht sehen und lockt den Koalitionspartner: Wenn die SPÖ diesem zustimmt, dann würde die ÖVP ihren bisherigen Widerstand gegen ein von den Sozialdemokraten angeregtes Plebiszit über die allgemeine Wehrpflicht aufgeben.
„Wir bewegen uns“, sagte ÖVP-Obmann Michael Spindelegger gestern in der „Pressestunde“ des ORF. Man könne sich eine Volksabstimmung über die Wehrpflicht vorstellen, allerdings nur über den Weg eines Volksbegehrens, das von zehn Prozent der Wahlberechtigten unterstützt wird, wie im ÖVP-Modell vorgesehen.
Die SPÖ wollte bisher jedoch immer nur eine Volksbefragung über die Wehrpflicht. Wenn, dann solle es gleich eine Volksabstimmung geben, meint nun Spindelegger. Man habe ein Instrument vorgeschlagen, wonach es Volksabstimmungen geben soll, wenn dies 650.000 Wahlberechtigte wollen. „Wenn es den Bürgern ein Anliegen ist, über das Bundesheer zu entscheiden, soll es so sein, aber ob es sich wirklich um ein so dringendes Anliegen handelt, kann man hinterfragen“, schränkte Spindelegger ein. Er habe das jedenfalls noch nicht entdeckt.
Laura Rudas skeptisch
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas gibt sich im „Presse“-Gespräch zurückhaltend: „Wir sind sehr offen für mehr direkte Demokratie. Aber es kann nicht so sein, dass Volksbefragungen nur mehr ab einer bestimmten Unterschriftenanzahl möglich sein sollen.“ Wenn das Parlament es wolle, sollten Volksbefragungen auch ohne Unterschriften möglich sein.
Die SPÖ möchte eine Volksbefragung über die allgemeine Wehrpflicht, deren Aussetzung sie mittlerweile befürwortet, noch vor der Nationalratswahl 2013. Verteidigungsminister Norbert Darabos testet den Umstieg auf ein Berufsheer gerade mittels Pilotprojekten. Die ÖVP, die lange mit einem Berufsheer liebäugelte, spricht sich für die Wehrpflicht aus.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2012)