Oppositionelle finden auch in Kairo nicht zueinander

Die Arabische Liga bemüht sich vergebens darum, die untereinander zerstrittenen Assad-Gegner zu versöhnen.

Die Seelenmassage von Nabil al-Arabi hat nicht geholfen, Syriens Opposition bleibt tief entzweit. Auch bei ihrer zweitägigen Konferenz in Kairo unter der Schirmherrschaft der Arabischen Liga und ihres Generalsekretärs konnten sich die 250Delegierten offenbar nicht auf einen gemeinsamen Fahrplan für die Übergangszeit nach einem Sturz des Assad-Regimes verständigen.

Der frisch gekürte Chef des Syrischen Nationalrates (SNC), der Kurde Abdel Basset Sayda, hatte den Delegierten ein umfangreiches Dokument vorgelegt, das jedoch bei der „Freien Syrischen Armee” und ihrem politischen Arm, der „Generalkommission der Syrischen Revolution“ sofort auf strikte Ablehnung stieß. Deren Vertreter lehnen jeden Dialog mit dem „mörderischen Assad-Regime“ ab und setzen angesichts der Waffenhilfe aus den Golfstaaten jetzt allein auf den militärischen Erfolg.

Andere Gruppen dagegen, die im „Nationalen Syrischen Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel“ (NCCDC) zusammengeschlossen sind, halten Verhandlungen sowie die Bildung einer nationalen Übergangsregierung für den einzigen Weg, den totalen Zusammenbruch des syrischen Staates abzuwenden.

UN-Kritik an Aufständischen

Parallel dazu legte „Human Rights Watch“ am Dienstag eine 78-seitige Dokumentation über den „Folter-Archipel“ des syrischen Regimes vor. Nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation wurden seit Beginn des Volksaufstandes zehntausende Menschen systematisch gequält (siehe oben). UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay warf am Dienstag auch der bewaffneten Opposition vor, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen. „Beide Seiten verüben schwere Menschenrechtsverletzungen, unter anderem Überfälle auf Krankenhäuser“, sagte sie und machte die zunehmenden Waffenlieferungen an die Konfliktparteien für die Eskalation verantwortlich. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach von „der größten Herausforderung für die Sicherheit, mit der die Welt heute konfrontiert ist“.

Bei der bisher größten Massendesertion syrischer Truppen hatten sich zuvor 85Soldaten, darunter 14Offiziere und ein General, in die Türkei abgesetzt. Dort wurden sie in einem Zeltlager untergebracht, in dem sich bereits rund 2000Deserteure befinden. Die Türkei erlaubt der „Freien Syrischen Armee“ nicht, auf ihrem Territorium Stützpunkte zu errichten. Waffentransporte aus den Golfstaaten Katar und Saudiarabien an die Rebellen jedoch lässt Ankara über die Grenze passieren.

Assad bedauert Jet-Abschuss

Unterdessen erklärte Syriens Präsident Bashar al-Assad in einem Interview mit der türkischen Zeitung „Cumhuriyet“, er bedauere „zu 100Prozent“ den Abschuss der türkischen F-4-Phantom. Der syrische Flugabwehrschütze habe den Jet irrtümlich für eine israelische Maschine gehalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2012)

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