Hallo, ist da jemand?

Österreichs Regierung ist mit ihrer Arbeit hochzufrieden. Das hört man gern!

Die ziemlich hartnäckige Krise ist zwar alles in allem eine höchst unerfreuliche Sache, aber sie hat auch ihre guten Seiten. Um das zu wissen, muss man nur den druckfrischen Wirtschaftsbericht der österreichischen Bundesregierung lesen. Müsste man die 160 Seiten auf eine zentrale Botschaft reduzieren, dann wäre es wohl folgende: Erst die Krise macht sichtbar, wie toll diese österreichische Regierung eigentlich arbeitet.

Während sich Infrastrukturministerin Doris Bures freut, dass die aktive Wachstumspolitik der Regierung Früchte trägt, geht Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner einen Schritt weiter: Die Regierung habe gar den Beweis erbracht, „dass man die notwendige Budgetkonsolidierung sehr wohl mit einem Wachstumskurs verbinden kann, ohne neue Schulden einzugehen“.

Bevor die Bundesregierung nun stündlich auf den Anruf der Schwedischen Reichsbank wartet, um den diesjährigen Wirtschaftsnobelpreis in Empfang zu nehmen, sei der Hinweis erlaubt, dass sich die Wirklichkeit nicht immer an die eigene Propaganda hält.

Konsolidierter Haushalt? Obwohl das Budget seit dem Jahr 1974 keinen einzigen Überschuss mehr ausgewiesen hat? Wachstum ohne neue Schulden? Obwohl die Verbindlichkeiten der Republik seit 2008 trotz Rekordeinnahmen um 44 Milliarden Euro oder 25 Prozent angeschwollen sind? Und Früchte der Wachstumspolitik? Obwohl es in Europa keine Staatsführung gibt, die Arbeitsmarktdaten so geschickt mit systematisierten Frühpensionen schönt?

Um das zu sehen, braucht es freilich keine Staatsschuldenkrise. Ein Blick in die offiziellen Statistiken tut es auch.

franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2012)

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