Wettbewerb: Neuer Handel-Sittenwächter

Die Wettbewerbsbehörde wird mächtiger: Sie wirft künftig auch ein Auge auf das Einhalten von Benimm-Regeln im Handel.

Wien. Der österreichische Einzelhandel wird wettbewerbsrechtlich bald unter strengerer Beobachtung stehen. Die Bundeswettbewerbsbehörde sowie der Bundeskartellanwalt sollen künftig auch im Handel ein Auge auf das "kaufmännische Wohlverhalten" der Unternehmen werfen. Eine entsprechende Novelle des Nahversorgungsgesetzes sei bereits "politisch akkordiert", erklärte Walter Barfuß, Generaldirektor der Wettbewerbsbehörde, im Gespräch mit der "Presse".

Die geplante Gesetzesnovelle sieht vor, dass sowohl die Wettbewerbsbehörde als auch der Kartellanwalt das Kartellgericht wegen vermuteter Verstöße gegen das Gebot des "kaufmännischen Wohlverhaltens" anrufen können. Etwa, wenn große Handelsunternehmen ihre Marktmacht dazu nutzen, von Zulieferern sachlich nicht gerechtfertigte Sonderkonditionen zu fordern. Das Kartellgericht kann dann ein Verfahren einleiten und Geldstrafen verhängen.

Bislang waren bloß Finanzprokuratur, Sozialpartner sowie betroffene Unternehmen beim Kartellgericht antragsberechtigt, was sich als einigermaßen ineffektiv erwies. Barfuß: "Es war keiner bereit, den Stein zu werfen, weil er wusste, dass er sich dabei deklarieren muss." Auch Kartellrechtsexperte Norbert Gugerbauer ist der Meinung, dass das Nahversorgungsgesetz "in den letzten Jahren ein Schattendasein geführt hat".

Barfuß hatte die Gesetzesnovelle wiederholt gefordert, zumal sich die monatelangen Ermittlungen seiner Behörde gegen den Einzelhandelskonzern Rewe Österreich (Billa, Merkur, Mondo/Penny, Bipa) als fruchtlos erwiesen hatten: Die Wettbewerbsbehörde hatte im Juni 2004 Untersuchungen gegen Rewe wegen Verdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung eingeleitet. Damals waren die Geschäftsbeziehungen zwischen Billa und Wursterzeuger Neuburger beendet worden, nachdem Neuburger auf Preiserhöhungen bestanden und Billa diese abgelehnt hatte.

Im Zuge der Ermittlungen der Wettbewerbsbehörde hatte sich zwar gezeigt, dass der Lebensmittelhandel dank seiner Marktmacht gegenüber den Lieferanten bisweilen durchaus harte Geschäftspraktiken pflegt. Ansonsten erwies sich die Suppe als zu dünn. Im Dezember veröffentlichte Barfuß einen eher ernüchternden Sonderbericht zu der Causa: Der Nachweis der Marktbeherrschung sei wegen der komplizierten Gesetzeslage schwierig genug, weil sich die Marktbeherrschung laut Kartellgesetz auf "eine bestimmte Ware oder Leistung" beziehen muss. Den Missbrauch einer solchen Marktmacht zu beweisen, sei "geradezu ausgeschlossen". Barfuß betonte in dem Sonderbericht, dass das Kartellgericht aufgrund des Nahversorgungsgesetzes "Verhaltensweisen von Unternehmern im geschäftlichen Verkehr untereinander untersagen" kann, "soweit sie geeignet sind, leistungsgerechten Wettbewerb zu gefährden." Dies erfordere jedoch eine Antragsberechtigung der Wettbewerbsbehörde und des Kartellanwalts.

Politisch durchgesetzt hat sich Barfuß auch bei einem weiteren Problem: dem Personalmangel seiner Behörde. Die Ermittlungsbehörde in Wettbewerbsfragen verfügt derzeit nur über 17 Mitarbeiter. Für heuer hat Wirtschaftsminister Martin Bartenstein drei weitere Arbeitskräfte zugesagt.

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