Strom: Versorger wollen Preisabsprachen

Strom. Landesversorger: "Verbund soll 20 Prozent auf Strompreise aufschlagen."

wien. Das Schriftstück umfasst acht Seiten und ist mit 21. Juli 2005 datiert. Sein Inhalt ist ausgesprochen brisant: Es geht darum, wie die vor wenigen Monaten gestorbene "Österreichische Stromlösung" (ÖSL) doch noch wiederbelebt werden könnte. Verfasst wurde das Papier von der sogenannten Energie Allianz - das ist die Teil-Fusion des niederösterreichischen Energieversorgers EVN, der Wienstrom, der Energie AG Oberösterreich, der Linz AG und der burgenländischen Bewag. Und diese Allianz legt nun schwarz auf weiß dar, wie Wettbewerb in der österreichischen Strombranche ihrer Meinung nach zu funktionieren hat: Mit fixen, vorher vereinbarten Margen, die auf die Strompreise aufzuschlagen sind. Die Allianz nennt dies "Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb".

Ein Dorn im Auge ist der Energie Allianz offensichtlich das Faktum, dass die Verbundgesellschaft seit 1. Juli auch Endkunden beliefert. Verbund-Chef Hans Haider hatte kürzlich im "Presse"-Interview angekündigt, dass das Preisniveau für die Endkunden um rund zehn Prozent unter den üblichen Preisen liegen werde. Dagegen hat die Energie Allianz nun ein - wie sie meint - probates Rezept gefunden: Auf Seite fünf ihres Konzeptes fordert sie "variable Vertriebskosten", die "mit einem pauschalen Prozentsatz der Bemessungsgrundlage angesetzt" werden. Einfacher ausgedrückt: Der Verbund soll im Endkundengeschäft fixe Margen auf die Preise aufschlagen, damit die "Konkurrenz" ein gemütlicheres Auskommen hat.

In dem Papier wird sogar eine exakte Höhe dieser Preisspannen definiert: Für Haushalte sollten sie 20 Prozent, für Gewerbebetriebe 15 Prozent betragen. Großzügigerweise darf der Verbund bei Einführungsangeboten von solchen Margen absehen: "Von der Regelung (...) ausgenommen sind Einführungsangebote an Endkunden für den Zeitraum von drei Monaten, beginnend ab 01.07.2005", heißt es explizit. In der Verbundgesellschaft zeigte man sich gestern auf Anfrage der "Presse" einigermaßen konsterniert vom Ansinnen der Energie Allianz: "Das wäre ein unzulässiges Preiskartell", sagte ein Verbund-Sprecher. In der Energie AG Oberösterreich gab man sich ahnungslos: "Wir haben mit mehr Wettbewerb grundsätzlich kein Problem", so der Unternehmenssprecher.

Interessant ist aber nicht nur der Inhalt des wettbewerbsrechtlich einigermaßen originellen Vorschlags. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass der Vorstoß im Rahmen eines Konzeptes für die Stromlösung gemacht wird. Denn das Endkundengeschäft war offiziell nie Teil der ÖSL.

Die ÖSL sah ursprünglich vor, dass Verbund und Energie Allianz eine gemeinsame Stromhandelsgesellschaft (APT) und einen gemeinsamen Vertrieb für Großkunden (E&S) schaffen. Ende April hatte der Verbund die dreijährigen ÖSL-Verhandlungen für gescheitert erklärt, weil die Stromlösung zu wenig Synergien biete und obendrein aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bedenklich sei. Vor wenigen Wochen bot Verbund-Chef Haider der empörten Energie Allianz einen Kompromiss an: Die "ÖSL 05" - wie sie nun bezeichnet wird - solle sich bloß auf eine gemeinsame Handelsgesellschaft beschränken.

In dem der "Presse" vorliegende Gegenkonzept der Allianz wird das nun abgelehnt: "Unverzichtbares Element der Stromlösung ist (...) der von der Europäischen Kommission genehmigte Zusammenschluss des Handelsbereichs und die Vergemeinschaftung des Großkundenbereichs", heißt es wörtlich. Und weiter: "Darüber hinausgehende Zugeständnisse sind nicht möglich."

Die gemeinsame Handelsgesellschaft APT - quasi der Vorlieferant für alle in der ÖSL zusammengefassten Unternehmen - müsse jedenfalls einen Strompreis anbieten, der dem "Gleichbehandlungsgebot" entspreche, so die Allianz: Der Preis müsse für alle beziehenden Energieversorger gleich hoch sein. Keinesfalls dürfe er höher sein, als jener Preis, den der Verbund seinen Endkunden anbiete. Dem soll nun offensichtlich mit Hilfe der vorgeschlagenen fixen Margen abgeholfen werden.

Das nun vorliegende Papier ist der vorläufig letzte Höhepunkt einer an Untergriffen ohnehin nicht armen Schlammschlacht um die ÖSL: Zuletzt hatte der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (als Eigentümervertreter der EVN) für Aufsehen gesorgt. Er hatte Wirtschaftsminister (und Parteikollegen) Martin Bartenstein via Zeitungsinterviews dazu aufgefordert, Verbund-Chef Haider wegen seiner Ablehnung der ÖSL in die Pension zu schicken.

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