"Wir werden um zehn Prozent billiger sein"

Interview. Verbund-Chef Hans Haider über seine Pläne, den Wettbewerb anzuheizen und Endkunden zu beliefern.

Die Presse: Herr Generaldirektor Haider, der Verbund will künftig sein Geschäft ausweiten und nicht nur die Energieversorger, sondern auch Endkunden beliefern. Wann ist es denn soweit?

Hans Haider: Wir starten am 1. Juli mit der Marke "Verbund", denn die ist im In- und Ausland schon sehr gut etabliert. Man muss allerdings berücksichtigen, dass die Verbraucher gewisse Bindungsfristen bei ihrem jetzigen Versorger haben. Tatsächlich werden wir also mit den ersten Lieferungen im Verlauf der zweiten Jahreshälfte beginnen.

Ab wann wird die Sache für Sie auch ein lukratives Geschäft werden?

Haider: Wir waren ja schon einmal - ab dem Jahr 1999 - in diesem Geschäftsfeld aktiv. Das Know-how ist in unserem Haus also nach wie vor vorhanden, und die Fehler, die wir einmal gemacht haben, werden wir jetzt vermeiden. Wir gehen daher davon aus, dass wir schon im nächsten Jahr die Gewinnschwelle erreichen.

Experten sagen, dass die Gewinnschwelle erst ab rund 100.000 Kleinabnehmern erreicht werden kann. 

Haider: Ob wir dazu wirklich 100.000 Haushaltskunden brauchen, wage ich zu bezweifeln. Aber wir streben ohnehin einen Mix aus Haushalts- und Großkunden an. Jedenfalls ist es unser Ziel, in drei Jahren auf einen Absatz von fünf Terawattstunden zu kommen. Und das entspricht immerhin rund zehn Prozent des österreichischen Stromverbrauchs.

Wen werden Sie eher ansprechen - Groß- oder Kleinkunden?

Haider: Wir wollen alle ansprechen. Ich nehme an, dass die Großkunden zahlenmäßig geringer sein werden, aber beim Geschäftsvolumen werden sie sicherlich bedeutender sein.

Wieso sollten Verbraucher zu Ihnen wechseln?

Haider: Weil wir erstens Strom aus reiner Wasserkraft liefern. Und zweitens, weil wir um rund zehn Prozent billiger anbieten werden.

Klingt gut, aber das wird dank der Leitungsgebühren, die ja auch zu bezahlen sind, wohl kaum pauschal für alle Ihre Kunden in ganz Österreich gelten.

Haider: Unser Leitungs-Tarifsystem ist durch den Regulator festgelegt. Aber wir gehen davon aus, dass wir allen Österreichern bundesweit einheitlich niedrige Energiepreise anbieten werden. Denn wir verfügen über Erzeugungskapazitäten in fast ganz Österreich.

Wieso können Sie denn billiger als die anderen anbieten?

Haider: Schauen Sie sich doch einmal die Stromrechnungen der Österreicher an. Elektrische Energie wird zu Preisen verkauft, die zwischen 50 bis 60 Euro je Megawattstunde liegen. Unsere Erlöse liegen hingegen bei 36 bis 37 Euro je Megawattstunde. Mit der Differenz werden wir den Wettbewerb beleben.

Sie fahren also mit weniger Kosten. 

Haider: Natürlich. Wir haben in dem Geschäft ja keine Altlasten zu bewältigen. Wir werden sehr schlank aufgestellt sein.

Stimmt es, dass Sie Ihre einstige Diskontfirma im Endkundengeschäft, "Unsere Wasserkraft", wieder zurückkaufen wollen?

Haider: Ja, wir haben den jetzigen Eigentümer, die Energie Steiermark AG, gefragt, ob sie sich das vorstellen könnte. Wir hätten gerne das gesamte Unternehmen, oder wenigstens eine Mehrheitsbeteiligung.

Aber viel Zeit bleibt Ihnen nicht mehr bis zum 1. Juli. . .  

Haider: Wir können auch alleine beginnen. Aber ich glaube, eine solche Transaktion wäre sehr klug. Die steirischen Kollegen bekämen Geld, und wir könnten mit einem entsprechenden Kundenstock starten.

Der Verbund hat das Endkundengeschäft seinerzeit abgegeben, als die Verhandlungen zur Österreichischen Stromlösung (ÖSL) starteten. Dann haben Sie - auf Verlangen der EU-Kommission - auch Ihre Großkundentochter APC an die slowenische Istrabenz veräußert. Will der Verbund, nachdem die ÖSL gescheitert ist, auch die APC zurück kaufen?

Haider: Ja. Wir wollen sie wieder kaufen und damit den Wettbewerb beleben. Denn mit Istrabenz wurde seinerzeit ein Wettbewerbsverbot vereinbart.

Man darf wohl davon ausgehen, dass Sie das Unternehmen nicht zum selben Preis wie einst kaufen können. Unterm Strich war das Abenteuer ÖSL also ein ziemliches Verlustgeschäft für den Verbund, oder?

Haider: Nein, so dramatisch ist das nicht. Wir haben damals 8,4 Mill. Euro für die APC bekommen. Und wir gehen davon aus, dass sich der jetzige Kaufpreis auch in einer ähnlichen Größenordnungen bewegen wird.

Nachdem Sie vor kurzem den Ausstieg aus der ÖSL bekannt gegeben haben, hat Wirtschaftsminister Martin Bartenstein als Verbund-Mehrheitseigentümer verlangt, dass bis zum Sommer eine neue Form der Kooperation ausverhandelt wird. Der Sommer beginnt bekanntlich am 21. Juni. Was tut sich?

Haider: Wir haben jetzt einen neuen Vorschlag, den wir unseren Verhandlungspartnern unterbreiten wollen. Und wir hoffen, dass er für sie akzeptabel ist.

Und wie sieht der aus?

Haider: Wir wollen einen Teil der ÖSL beibehalten. Es soll, wie geplant, einen koordinierten Einsatz von Kraftwerken und einen gemeinsamen Stromhandel geben. Dafür soll der geplante gemeinsame Großkundenvertrieb ersatzlos gestrichen werden. Und im Ausland soll jeder frei agieren können.

Wenn aber künftig gemeinsam Strom eingekauft wird - wie soll es da zu Wettbewerb kommen?

Haider: Der gemeinsame Stromhandel gewährleistet ja vor allem, dass genügend Strom da ist. Der Wettbewerb wird über den Vertrieb stattfinden. Wer dabei geschickter und billiger ist, hat den Wettbewerbsvorteil.

Trügt der Eindruck, dass Sie diesen Kompromissvorschlag nur wegen des massiven politischen Drucks machen? Wirklich überzeugt von der Lösung scheinen Sie ja nicht zu sein. 

Haider: Ich glaube, dass dieser Vorschlag schon einen Sinn macht. Wir kommen gemeinsam zu einer größeren Masse. Würde für uns kein Vorteil herausschauen, wäre das Projekt für uns nicht vertretbar.

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