Athen kann frühestens im September mit einer neuen Hilfstranche rechnen, benötigt aber schon im August frisches Geld.
Wien/Athen/Ag./Aga. Reißt den Gläubigern Griechenlands nun endgültig der Geduldsfaden – oder gewähren sie den Hellenen noch einmal eine Galgenfrist bis September, wenn der neueste Bericht der Troika erwartet wird? Nachdem die Zeichen am Wochenende wieder einmal auf Sturm standen, weil der Internationale Währungsfonds (IWF) einem „Spiegel“-Bericht zufolge nicht zu weiteren Hilfszahlungen bereit ist, war die Europäische Kommission am Montag um Kalmierung bemüht. Griechenland solle in der Eurozone bleiben, betonte ein Kommissionssprecher. Die griechischen Behörden seien sich darüber im Klaren, dass sie die durch zwei Wahlkämpfe verlorene Zeit für Reformen aufholen müssten und es dringlicher Aktionen bedürfe. „Wir sind zuversichtlich, dass die nächste Tranche der Hilfskredite überwiesen wird“, sagte er.
Bloß: Eine Entscheidung darüber dürfte erst fallen, wenn der Bericht der Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) fertig ist – also nicht vor September. Athen benötigt aber schon am 20. August Geld, um fällige Raten zurückzahlen zu können – so einen 3,2-Milliarden-Euro-Kredit der EZB. Derzeit ist unklar, wie Griechenland die Schuld begleichen soll. Drei Optionen stehen im Raum, einen Zahlungsausfall doch noch abzuwenden: Die Fälligkeit könnte um einen Monat verlängert werden, Griechenland könnte schon einen Vorschuss auf die nächste Hilfstranche oder aber einen Überbrückungskredit erhalten. Der Kommissionssprecher verwies auf jüngste Aussagen von Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker, wonach Griechenland geholfen und man eine Lösung finden werde. In Brüssel munkelt man, es werde noch im August eine Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister zu Griechenland geben.
Deutsche verweigern weiteres Hilfspaket
Doch schon gibt es weitere Hiobsbotschaften für das schuldengeplagte Land: Einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge klafft ein weiteres, bis zu 50 Milliarden Euro tiefes Loch im Reformprogramm der Griechen. Dieses sei einerseits durch die im Dauerwahlkampf verschleppten Reformen entstanden. Hinzu kommt, dass die von der Regierung geforderte Fristverlängerung für die Umsetzung der Sparvorhaben einen erhöhten Finanzbedarf bedeutet. Das zweite Rettungspaket im Umfang von 130 Milliarden Euro würde dann nicht mehr ausreichen. Andererseits sind die Geldgeber nicht mehr bereit, ein weiteres Hilfspaket abzusegnen. Wie die „SZ“ aus deutschen Regierungskreisen erfuhr, sei es „undenkbar, dass Angela Merkel noch einmal vor den Bundestag tritt und um Zustimmung für ein drittes Griechenland-Paket bittet“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2012)