Heinz Jungwirth: Unwürdiges Ende von 26 Jahren Dienst

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Von den Olympischen Spielen in Sarajevo 1984 bis Peking 2008 war der promovierte Pädagoge stets "Chef de Mission".

Mit der Verurteilung von Heinz Jungwirth ist am Dienstag die Karriere eines der am längsten amtierenden und mächtigsten Funktionäre im österreichischen Sport spektakulär zu Ende gegangen. Jungwirth war 26 Jahre lang Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC), ehe seine Amtszeit nach aufkommenden Gerüchten über ungeklärte Geldflüsse im Februar 2009 endete. Am Dienstag wurde der 61-Jährige wegen Untreue in Millionenhöhe zu fünf Jahren unbedingter Haft verurteilt. Der Schuldspruch ist nicht rechtskräftig.

Jungwirth stolperte über die gescheiterte Olympiabewerbung von Salzburg für die Winterspiele 2014 und die nun gerichtlich festgestellte private Verwendung von ÖOC-Geldern in beträchtlicher Höhe.

Erste Gerüchte über finanzielle Unregelmäßigkeiten tauchten vor dreieinhalb Jahren auf, im August 2009 folgte eine Anzeige gegen Jungwirth wegen fragwürdiger Verwendung von ÖOC-Geldern. Der Niederösterreicher, der bis dahin als Macher in Olympischen Angelegenheiten galt, trat am 28. Februar 2009 von seiner Funktion zurück.

Der promovierte Pädagoge, der vor seiner OÖC-Laufbahn als Turn- und Geschichtslehrer an einem Wiener Gymnasium sowie als Vortragender für Sportwissenschaft an der Uni Wien tätig war, leitete ab seiner Bestellung am 22. November 1982 als hauptamtlicher Angestellter die Geschäfte des ÖOC. Jungwirth war vom Vorstand unter Präsident Kurt Heller einstimmig zum Nachfolger von Peter Pilsl bestellte worden. Er führte Österreichs Olympia-Aufgebot erstmals 1984 in Sarajevo als "Chef de Mission" zu Olympischen Spielen (Winter) und übte diese Funktion danach bei allen Sommer- und Winterspielen aus. Peking im Sommer 2008 war sein letzter Auftritt als Delegationsleiter.

In seiner Amtszeit als Generalsekretär hat er die Entwicklung des heimischen NOKs wesentlich mitgestaltet und mitgeprägt. In seine frühe Amtszeit fiel die Entscheidung des ÖOC, das Marketing-Programm des IOC (The Olympic Program/TOP) als eines der weltweit ersten NOKs zu unterstützen.

Der am 23. Juli 1951 geborene Jungwirth suchte bald engen Kontakt zu IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch und hatte im Wiener Heller einen kongenialen Partner. Der bis 1990 tätige Ex-Politiker war dem modernen Marketing, das in dieser Zeit an Bedeutung gewann, und den Jungwirth-Ideen sehr wohlwollend gegenüber gestanden. Als Heller Ende 1990 als ÖOC-Chef abtrat, diente Jungwirth ab 12. Dezember 1990 bis zuletzt unter dem früheren Casino-Boss Leo Wallner, der im September 2009 wegen dieser Affäre als ÖOC-Präsident zurücktrat und ihn vor Gericht belastete.

In der Ära Jungwirth gewannen Österreichs Aktive viele Olympia-Medaillen. Getrübt wurde seine Bilanz aber durch die Blutbeutel-Affäre bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake City und den Doping-Skandal 2006 in Turin, in dessen Folge es auch zum Zerwürfnis mit dem ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel kam.

Jungwirth besitzt in Mittergrabern im NÖ-Bezirk Hollabrunn ein Anwesen samt Reitstall. Die mutmaßliche Finanzierung des Anwesens mit Hilfe von Mitteln aus dem ÖOC war in den vergangenen Monaten häufig Gegenstand der medialen Berichterstattung. "Wenn man sich den Lebenswandel von Doktor Jungwirth ansieht, kann man sich vorstellen, wo die Beträge gelandet sind", stellte nun auch das Gericht fest.

(APA)

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