Großmannssucht und fatale Misswirtschaft

(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
  • Drucken

Heinz Jungwirth, einst mächtigster Sportfunktionär des Landes.

London/Flo. Das Sündenregister des Heinz Jungwirth umfasst mehr als fremdfinanzierte Pferdeanhänger, Winterreifen, Hauseinfahrtsasphaltierungen oder Reitlehrergagen für den Sohn. Heinz Jungwirths Verfehlungen fußen auf Selbstherrlichkeit, die den Filz des eingesessenen Funktionärswesens symbolisiert: Der ehemalige ÖOC-Generalsekretär, gestern (nicht rechtskräftig) zu fünf Jahren unbedingter Haft verurteilt, stand Zeit seiner 26 Jahre im Amt für Autokratie. Und rückblickend betrachtet für Misswirtschaft, für den Griff in eine Kasse, die er treuhänderisch im Sinne des Sports verwalten hätte sollen.

Sein Anwesen samt Reitstall in Mittergrabern spiegelt die Großmannssucht eines Sonnengottes wider, der diesen Ruf auch in der Sportszene genoss. Wenn es um die stets begrenzte Anzahl an Olympia-Akkreditierungen ging, wenn Sportler mit Anliegen an den ÖOC-General herantraten, entwickelten sich die Gespräche niemals auf Augenhöhe. Neben Jungwirth sah man dabei stets alt aus.

Möglicherweise hätte der Turn- und Geschichtelehrer, seit kurzem 61 Jahre alt, keinen so engen Kontakt zu IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch suchen sollen. Auch die Vita des mittlerweile bereits verstorbenen Spaniers warf viele Fragen auf, die Jungwirths nicht weniger. Das Ende seiner Ära steht für den Neubeginn im heimischen Sport, an dem nicht jedem im System etwas gelegen war.

Minister Norbert Darabos, im Verteidigungsressort gebeutelter Protagonist, profilierte sich mit der Einleitung eines Säuberungsvorgangs im Sport: mit neuem Anti-Doping-Gesetz, mit einer angedachten Neuregelung des Förderungskuchens, mit einem angestrebten Sportwettenparagraf und der Erweiterung des Vereinsgesetzes. Jungwirths Erben sind darum bemüht, den Fehltritten ihres Vorgängers mit Transparenz zu begegnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Heinz Jungwirth
Mehr Sport

ÖOC-Prozess: Fünf Jahre Haft für Jungwirth

"Wallner war für die Sonnenseiten des Lebens zuständig, ich für den Regen und Mist. Jetzt muss ich dafür büßen", meinte der ehemalige Generalsekretär. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
TURIN 2006 WINTER OLYMPIC GAMES RAID
Mehr Sport

Heinz Jungwirth: Unwürdiges Ende von 26 Jahren Dienst

Von den Olympischen Spielen in Sarajevo 1984 bis Peking 2008 war der promovierte Pädagoge stets "Chef de Mission".
Heinz Jungwirth
Mehr Sport

Chronologie der Affäre Jungwirth

Chronologie der Affäre um den ehemaligen Langzeit-Generalsekretär des ÖOC, Heinz Jungwirth, der am Dienstag wegen Untreue zu fünf Jahren Haft verurteilt worden ist - das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.