Flachdächer, die nicht vermodern

Bernd Nusser hat an Versuchshäusern untersucht, wie sich Feuchtigkeit in hölzernen Flachdächern auswirkt, und entwickelte Modelle, wie Schäden verhindert werden können.

Dass Österreich stolz auf Holz ist, sagt die Werbung. Auch in der Bauwirtschaft gewinnt Holz zunehmend an Wert und Ansehen. Außerdem sind Flachdächer modern, immer mehr Häuser ragen nicht spitz in den Himmel. Bernd Nusser hat in seiner Dissertation (TU Wien, Bauingenieurswesen, Betreuer Thomas Bednar) die Themen Holz und Flachdach kombiniert: Er wollte wissen, wieso es bei flachgeneigten hölzernen Dachkonstruktionen oft zu Schäden kommt. „Kritisch sind vor allem Dächer, die dicht gegen Wasserdampf sind, also Foliendächer oder begrünte Dächer“, sagt Nusser. Denn dort kann aus dem Innenraum Feuchtigkeit eindringen, aber nicht nach außen entweichen. Zur Erkundung des Problems wurden im Wiener Arsenal zwei Versuchshäuser gebaut, die 16 verschiedene Dachaufbauten trugen: Zehn hölzerne Flachdachelemente auf einem Haus, sechs auf dem anderen. Jeder Aufbau war mit Holzfeuchtemessstellen versehen, zudem wurden Lufttemperatur, -feuchtigkeit und -dichtheit gemessen.

„Die Sonneneinstrahlung ist wichtig, damit die Feuchtigkeit wieder aus dem Dach heraus kann“, sagt Nusser. In den Innenräumen der Versuchshäuser wurde für ein Raumklima mit hoher Luftfeuchte gesorgt: In den beschatteten Dächern zeigte sich schnell ein Feuchtanstieg. „Nach außen sind die Dächer so dicht, dass keine Feuchte raus kann. Doch ohne die Sonnenwärme konnte das angefallene Kondensat auch nicht zurück nach innen entweichen.“ Laut Nusser gibt es „kein hundertprozentig fehlerfreies Bauteil, Bauteile müssen deshalb fehlertolerant sein“. Daher hat er untersucht, was passiert, wenn im Dachelement Luftleckagen zum Innenraum hin vorhanden sind. Aus seinen Daten hat Nusser nun ein Modell entwickelt, mit dem man schon während der Planungsphase simulieren und quantitativ abschätzen kann, wie sich Feuchteströme durch Leckagen und die fehlende Sonneneinstrahlung durch eine Beschattung auswirken. „Alle Erkenntnisse der Untersuchungen sind in einen Entscheidungsbaum eingeflossen, den wir in einer Planungsbroschüre publiziert haben: Dadurch kann man schnell die geeignete Dachkonstruktion finden“, sagt Nusser, der bei der Holzforschung Austria (HFA) – einem Institut unter dem Dach der ACR – weiterhin darauf schaut, dass Österreich stolz auf Holz sein kann. Auch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2012)

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