Ein Ausweg aus der Blockadepolitik?

Nur ein echtes Bildungsgesamtkonzept rechtfertigt eine Volksabstimmung.

Die Niederlage des Hannes Androsch war der SPÖ wohl nicht deutlich genug. Anders ist nicht zu erklären, dass sie, nachdem die Österreicher dem von linken Ideen getragenen Bildungsvolksbegehren eine Abfuhr erteilt haben, ausgerechnet das rote Prestigeprojekt Gesamtschule vom Volk abstimmen lassen will.

Die Idee könnte dennoch – oder gerade deshalb – einen gewissen Reiz entfalten. In kaum einem Politikfeld sind Reformstau und Veränderungsdruck so groß wie in der Bildung. Den Bürgern ein Mittel in die Hand zu geben, die lähmende rot-schwarze Selbstblockade aufzulösen, bietet sich da an.

Dabei muss aber eines klar sein: Gerechtfertigt ist die Volksabstimmung nur, wenn das abzustimmende Paket gleichsam ein Gesamtkonzept für die Zukunft des Bildungssystems darstellt. Denn genau dafür – und nur dafür– ist das Instrument der Volksabstimmung da: zur Legitimation grundlegender, weitreichender politischer Weichenstellungen. Die Parteien haben aber andere Bestrebungen: Sie wollen das Volk nur zu jenen unausgegorenen Einzelmaßnahmen befragen, mit denen sie den politischen Gegner am besten ärgern können. (Oder warum will die SPÖ zwar über die Gesamtschule, nicht aber über Studiengebühren abstimmen?) In den Parteizentralen reibt man sich ob dieses Wahlkampfschmähs die Hände; die zuständigen Ministerien fühlen sich zugleich von der Pflicht entbunden, selbst Lösungen zu finden.

Der Verdacht liegt nahe, dass die Politik die eigentliche Bedeutung der direkten Demokratie nicht verstanden hat.

E-Mails an: christoph.schwarz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

NATIONALRAT: RUDAS
Schule

Gesamtschule: SPÖ will das Volk entscheiden lassen

SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Rudas und Ministerin Schmied sprechen sich für eine Volksabstimmung aus. Eine solche könnte auch im nächsten Koalitionspapier paktiert werden.
Niessl will Volksbefragung Bildungsreform
Schule

Niessl will Volksbefragung zu Bildungsreform

Die Bürger sollen entscheiden, wenn die Koalition sich nicht einigen kann, fordert der burgenländische Landeshauptmann.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.