Und Heinz-Christian Strache garantiert Rot-Schwarz

Der von Kärntner Parteifreunden, Frank Stronach und organisatorischen Schwächen geplagte FPÖ-Chef hat seine Chance vertan, ernst genommen zu werden.

Lang hat es so ausgesehen, als würde ausgerechnet die FPÖ von den Korruptionsvorwürfen gegen Selbstdarsteller der Ära Schwarz-Blau und folgender profitieren. Doch auf die Kärntner war in der FPÖ schon immer Verlass, spätestens mit Uwe Scheuch und seinen Telefonaten zur reibungslosen Vergabe von Staatsbürgerschaften war klar, die volle Distanzierung vom System Jörg Haider kann und wird Heinz-Christian Strache nicht mehr gelingen. Dazu kamen Fälle in den eigenen Reihen: Martin Grafs sonderbare Geschäfte für eine alte Dame passten nicht zum Bild einer Partei der Anständigen, Ehrlichen und Witwentröster.

Auch wenn die Aufregung über Grafs finanziell erfolgreiche Teestunde in Wien-Döbling gewaltig war, schwerer wiegt die organisatorische Schwäche der FPÖ: Ausgerechnet die Wiener Landespartei, Heimat und Schatztruhe Straches, versagte und überließ den Parkpickerlaufstand kampflos der kleinen Wiener ÖVP. Auch beim Thema direkte Demokratie war es die ÖVP in der Gestalt des jungen Sebastian Kurz, die mit frischen – zum Teil noch unausgegorenen – Vorschlägen punkten konnte. Strache reagiert auf die Unbill der vergangenen Monate menschlich verständlich: Er ging auf Urlaub auf die Insel, die er als Leidenschaft mit Wolfgang Fellner teilt, und verriet via Facebook vor allem Details seines glücklichen Privatlebens auf Ibiza.

Zu Hause bahnte sich inzwischen eine weitere Katastrophe an: Mit Frank Stronach betrat ein Populist die Bühne, der Strache in jedem Fall Stimmen kosten wird und noch lustiger formuliert als Herbert Kickl. Stronachs scharfe Anti-EU-Linie und die Forderung nach der Rückkehr zum Schilling wären wohl die Wahlkampflinie der FPÖ gewesen. Die Partei reagierte kopflos, unterstellte Stronach vorerst wirtschaftspolitischen Realitätsverlust, um wenig später die Urheberschaft aller Eurokritik für sich selbst zu deklarieren. Straches FPÖ war kurz genau das, was sie ist: eine Altpartei.

Natürlich kann in einem Jahr alles ganz anders sein und der austrokanadische Glanz Stronachs schon wieder verblichen sein. Immerhin wurde Strache wie sein Bedarfsvorbild Jörg Haider schon mehrmals abgeschrieben, dank der Performance der Regierung ging es immer wieder bergauf. Aber das ist völlig egal, denn Strache hat es verabsäumt, die Weichen zu stellen und sich weiterzuentwickeln.

Selbst die begeisterten Sozialistenverzehrer in der ÖVP – so wenige sind das nicht – treten nicht mehr offen für Schwarz-Blau ein. Das liegt weniger an Straches lauter Kritik am Milliardengeldregen für Europatienten und wackelnde Banken, die formulieren viele Konservative nur stichhaltiger. Nein, es ist die Mischung aus inhaltlicher Leere hinter den Attacken einerseits und dem Eingeständnis, dass er Getriebener seiner Partei, oder besser bestimmter Kreise seiner Partei ist, andererseits. Gelang es Jörg Haider letztlich, einen Ewald Stadler als Klubobmann loszuwerden, müht sich Strache mit Martin Graf sogar ab, wenn der intern unter Druck steht. Auch sonst ist es Strache kaum gelungen, Mitstreiter zu rekrutieren oder Talente zu fördern. Von seinem Wiener Statthalter Johann Gudenus hört man wenig bis nichts. Auch Rhetorik- und Textberater Kickl dürfte mehr Freizeit haben, als er benötigen würde.


Inhaltliche Gegenentwürfe zur groß-koalitionären Suada vermisst man ebenso wie eine Idee, wohin und mit wem eine rechte Regierung das Land führen würde. Das soll hier nicht nach Krokodilstränen klingen. Aber 18 Prozent aller Stimmen nur als Auftrag zu verstehen, im Parlament lauter als die anderen zu sein und sonst in den Clubs der Stadt Jungwähler zuzuwinken, zeugt von allzu großer Liebe für guten Lebensstil und lange Wochenenden. (Haider erreichte einst 26,9 Prozent, das nur zum Potenzial Straches.)

Vielleicht ist es genauso das Schicksal Heinz-Christian Straches: Er ist und bleibt der unterbeschäftigte und stets erwartbar bös-provokante Oppositionschef, seine Auftritte, die dadurch automatisch ausgelösten Empörungen und Warnungen vor dem Aufstieg des Faschismus sind nur Teil eines gut eingespielten österreichischen Rollenspiels und gehören zum Lokalkolorit.

Strache regiert nicht. Er bellt nur.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2012)

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