Parteitag: Stürmischer Neustart für Mitt Romney

Stuermischer Neustart fuer Mitt
Stuermischer Neustart fuer Mitt(c) AP (Evan Vucci)
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Bei der dreitägigen Politshow zu seiner Kür in Florida muss der Präsidentschaftskandidat Zweifler in- und außerhalb seiner Partei überzeugen - und klarmachen, wofür er ideologisch wirklich steht.

Washington. Die Wetterkapriolen haben der Regie beim republikanischen Parteikonvent in Tampa (West-Florida) ein Schnippchen geschlagen: Wegen des herannahenden Tropensturms „Isaac“ musste der Beginn des Parteitags zur Kür von Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney auf Dienstag verschoben werden. Die US-Wetterbehörde warnte, „Isaac“ könne Hurrikanstärke haben, wenn er am Sonntag über die südlichen Teile Floridas Richtung Nordwesten zieht. Zuvor hat der Tropensturm auf Haiti mindestens vier Menschen in den Tod gerissen.

Ein wahrhaft stürmischer Start für die Propagandashow also, dem großen Parteikonvent, für die Jubelfeier zur Nominierung Mitt Romneys zum Präsidentschaftskandidaten der Grand Old Party (GOP). Die Organisatoren haben die Sportarena, Heimat des Eishockey-Klubs Tampa Bay Lightning, in eine Parteitagskulisse samt Hightech-Bühne verwandelt, in der rot-weiß-blaue Luftballons in die Luft steigen werden.

Der Parteitag in Florida markiert die Ouvertüre zur heißen Phase des US-Wahlkampfs. Die Delegierten sind aufgeputscht von der Aussicht, Präsident Barack Obama aus dem Weißen Haus zu jagen. Umfragen zufolge hat insbesondere die Kür Paul Ryans zum Vizepräsidentschaftskandidaten die Basis elektrisiert. Dennoch reichte es nicht aus, das GOP-Spitzenduo vor dem Parteitag in Führung zu bringen. Es hat zwar den Rückstand verringert, es schloss in einigen Swing States auf. Angesichts der lahmen Wirtschaftsdaten, der anhaltenden hohen Arbeitslosenrate von 8,3 Prozent zeigt sich das Gros der Meinungsforscher erstaunt, dass Romney & Ryan weiter hinterherhinken.

Bisher fehlte der zündende Funke, der auf die Mitte Amerikas überspringt. Zu unausgegoren ist die Botschaft, die die Republikaner unters Volk bringen. Die Anti-Obama-Parolen mobilisieren nur die eigenen Parteigänger. In den vergangenen dreieinhalb Jahren hat sich die Opposition als eine Partei des strikten Nein ohne überzeugende Alternative etabliert.

Im Sommer ist die Romney-Kampagne von ihrem dezidierten Wirtschaftskurs abgekommen – auch dank Querschüssen aus den eigenen Reihen wie zuletzt in der Abtreibungskontroverse, die den harten ideologischen Kern der nach rechts gerückten Partei enthüllt hat. Das Obama-Lager trieb den Herausforderer mit der Fokussierung auf dessen Steuermoral und seine Zeit als Investmentbanker vor sich her, es zwang ihm so eine unliebsame Debatte auf. Nur bei den Wahlspenden läuft es richtig gut, sie fließen im Übermaß. Dazu kamen Fehler und Fauxpas des pannenanfälligen Kandidaten – von den Jetski-Urlaubsfotos bis hin zu den Ausrutschern auf dem diplomatischen Parkett bei seinem Auslands-Trip. Jüngst witzelte er bei einer Kundgebung: „Mich hat noch keiner nach meiner Geburtsurkunde gefragt.“ Ob bewusst oder unbewusst, er spielte mit den latenten Ressentiments gegen den Präsidenten, die von rechten Eiferern geschürt werden. Umgekehrt presste Barack Obama ihn in die Schablone eines Parteisoldaten ohne Ideen mit einer Affinität zu extremen Positionen.

Vorstandschef der Firma USA

Darum hängt jetzt viel ab von der mehrtägigen Inszenierung Mitt Romneys als pragmatischen Krisenmanager und CEO, als Vorstandschef des tief in die roten Zahlen geschlitterten Unternehmens USA, der das Steuer herumzureißen versteht. An Popularität kann Romney es nicht mit Obama aufnehmen, und er taugt auch nicht als Revival von Ronald Reagan. Wie mühsam der Favorit trotz eines mediokren Bewerberfelds die Zustimmung der Stammklientel erkämpfte, offenbarte der langwierige Vorwahlkampf.

Der Konvent wird das durchgestylte Narrativ des frommen Familienmenschen und erfolgreichen Businessmannes für ein Publikum von bis zu 40 Millionen TV-Zusehern aufbereiten. In seiner einstündigen Rede am Donnerstagabend muss er ein glaubwürdiges Konzept abseits ideologischer Versatzstücke entfalten, warum er das Land in eine „bessere Zukunft“ – so das Motto des Parteitags – zu führen vermag. Und er muss Zweifel in- und außerhalb der Partei zerstreuen, die das britische Magazin „Economist“ in einer Titelstory plakativ in die Frage goss: „So, Mitt, woran glaubst du eigentlich?“ Im Lauf seiner Karriere, hämte das Blatt, habe er sich eine „Olympiamedaille als Flip-Flopper“ verdient, als Politiker, der seine Meinung nach dem Wind hängt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2012)

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