Armut als Perspektive

Die Grenze zwischen Pension und Sozialhilfe zu verwischen kann ins Auge gehen.

So besonders neu ist das ja nicht, dass die umlagebasierten Pensionssysteme überall in Europa auf den finalen Crash zusteuern. Wenn man die Grundrechnungsarten beherrscht und diese in die Betrachtung der demografischen Prognosen einfließen lässt, dann stellt es einem sehr schnell die Haare auf.

Was sich jetzt in Deutschland anbahnt, gibt der Pensionsmisere freilich eine neue Dimension: Ab 2030 könnten alle, die (auf heutiger Basis) 2500 Euro oder weniger verdienen, in der Pension auf Sozialhilfeniveau fallen. Das bedeutet ein ungeheures Ausmaß an Altersarmut und ein ebensolches an Demotivation.

Ab dann wird es für die meisten Deutschen im Alter völlig unerheblich sein, ob sie 35 Jahre lang gearbeitet und Beiträge gezahlt oder ob sie ebenso lange „gehartzt“ haben, ohne auch nur einen Cent beizusteuern. Da werden sämtliche Motivationssysteme, die durch immer stärkere Angleichung von Mindestlohn und Grundsicherung ohnehin schon angeknackst sind, völlig zertrümmert. Ob das eine auf das Wechselspiel von Leistung und Belohnung hingetrimmte Industriegesellschaft auf Dauer überlebt – das darf heftigst bezweifelt werden.

Die einzige Alternative heißt wohl spätere Pensionierung. Darauf müssen sich Beschäftigte und Betriebe jetzt schnellstens einstellen – ob sie das wollen oder nicht.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2012)

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