ORF: Der lange Weg zur Standortentscheidung

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Der Stiftungsrat hat am Donnerstag den Verbleib des ORF auf dem Küniglberg absegnet. Seit 2009 ist, nach langem Hin und Her zwischen den Alternativen, in der Standortfrage nichts weitergegangen.

Wo soll der ORF in Zukunft residieren? Auf diese seit Jahren diskutierte Frage dürfte am Donnerstag, eine Antwort folgen. Denn der Stiftungsrat, das Kontrollorgan des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wird festlegen, dass der ORF auch künftig auf dem Küniglberg in Wien-Hietzing bleibt, alle sonstigen Standorte aufgibt und nur wenn es sich irgendwie rechnet das Funkhaus in der Argentinierstraße behält.

Wie die Sitzung des Stiftungsrates ausgehen wird, steht seit Montag fest: Da hat ORF-Chef Alexander Wrabetz solange mit dem Finanzausschuss diskutiert, bis er die Standortalternative St.Marx aus seinem Antrag gestrichen hatte und nun die Mehrheit hinter sich weiß. Dass eine solche Beeinflussung der Arbeit des Generaldirektors eigentlich nicht zu den im ORF-Gesetz aufgezählten Aufgaben der Stiftungsräte zählt, steht auf einem anderen Blatt.

Nach langem Hin und Her zwischen den Alternativen Küniglberg, St. Marx (im dritten Bezirk) und für kurze Zeit auch Perfektastraße (Liesing) bleibt nun alles beim Alten. Viele leere Kilometer hat der ORF in den vergangenen Jahren zurückgelegt. Wie viele zeigt etwa das ORF-Immobilienkonzept aus dem Jahr 2009. Schon damals wurde in dem 39-seitigen Papier festgehalten, wie schlecht der bauliche Zustand des ORF-Zentrums sei und dass die Beibehaltung von drei Standorten (Küniglberg, Argentinierstraße und Ö3-Büro in Heiligenstadt) betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Ein zentraler Standort wurde in diesem Papier als beste Variante vorgeschlagen, die Präferenz lag damals eindeutig bei einem Neubau an einem anderen Ort. Dem Immobilienkonzept von Dezember 2009 ist auch ein Zeitplan „für die weitere Vorgehensweise“ beigefügt: Demzufolge hätte schon bis Ende 2010 ein Raum- und Funktionsprogramm für den ORF erstellt werden sollen. Drei Jahre später schlägt Wrabetz genau das erneut vor, mit dem Unterschied, dass dieses Konzept nun der externe Berater Bert Müller erstellen soll, der dafür bis Ende 2013 Zeit bekommt. Die Stiftungsräte stimmen nun also einem Antrag zu, den sie schon vor drei Jahren abgesegnet haben – „das ist die traurige Bilanz der Standortdebatte“, so ein Beobachter.

Skepsis gegenüber Großinvestor

Das Anfang der Woche bekannt gewordene Angebot des Wiener Projektentwicklers Bondi Consult und des Investors Morgan Stanley stieß indes weder bei Stiftungsräten noch in der ORF-Geschäftsführung auf großes Interesse. 70 Millionen Euro würden die Investoren für die drei alten Standorte bezahlen und gleichzeitig anbieten, in St.Marx ein neues Zentralbüro für den ORF zu errichten. „Ein Großbetrieb wie der ORF hat es nicht notwendig, jemanden dazwischenzuschalten, der das Risiko für einen Neubau übernimmt“, sagt Josef Kirchberger, der Leiter des SPÖ-Freundeskreises im Stiftungsrat.Bei anderen überwiegt die Skepsis gegenüber dem ausländischen Investor, dem die meisten Profitgier unterstellen. Auch wenn die Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner am Mittwoch noch forderte, der ORF solle das Angebot des Investors „seriös behandeln“, wird sich an der Entscheidung des Stiftungsrates nicht mehr viel ändern. Brauner unternahm damit einen letzten Versuch, den ORF nach St. Marx zu locken.

Alexander Wrabetz steht derzeit jedenfalls wieder einmal politisch unter Druck. Der Bundes-SPÖ war das Projekt St.Marx zwar nie ein besonderes Anliegen, dennoch missfällt ihr Wrabetz' fehlende Durchsetzungsfähigkeit in der Standortfrage. Dafür wird er heute immerhin eine Personalie ohne Widerrede durchsetzen: Seinen Vorschlag, Radio-88,6-Chef Oliver Böhm zum Verkaufschef der ORF-Vermarktungstochter Enterprise zu machen, wird der Stiftungsrat aller Voraussicht nach annehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2012)

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