Strafe für Martinz ist hart, aber „durchaus üblich“

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Experte Helmut Fuchs hält fünfeinhalb Jahre Haft für vertretbar. Josef Martinz ortet hingegen einen „Schauprozess“ und einen „Alptraum“. Als Strafmaß kamen zwischen vier und sechs Jahre Haft in Betracht.

Wien. Fünfeinhalb Jahre Haft für den einstigen Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz. Drei bzw. zwei Jahre für die Vorstände der Kärntner Landesholding, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander. Und drei Jahre Haft, davon aber zwei bedingt, für den Steuerberater Dietrich Birnbacher. Mit hohen Strafen ging am Montag der Prozess rund um Parteienfinanzierung infolge des Hypo-Verkaufs im Kärntner Straflandesgericht zu Ende. Insbesondere Martinz zeigte sich ob des Strafmaßes entrüstet: Er ortete „zu großen Druck“ auf den Richter und einen „Alptraum“. Es habe sich um einen „Schauprozess“ gehandelt.

Doch beim Delikt Untreue und bei einer derartigen Schadenssumme (5,7 Millionen Euro) seien solche Strafen „durchaus üblich“, analysiert Helmut Fuchs, Vorstand des Instituts für Strafrecht an der Universität Wien. Martinz hatte von der Kärntner Landesholding für ein Gutachten, das nur 300.000 Euro wert war, sechs Millionen erhalten. Ein Teil davon sollte den Kärntner Freiheitlichen und der Kärntner ÖVP zufließen. Bei Martinz lässt sich nachweisen, dass er Geld von Birnbacher erhielt. „Nach wiederholter Aufforderung von Martinz“, wie Richter Manfred Herrnhofer in seiner Urteilsbegründung festhielt.

Als Strafmaß kämen zwischen vier und sechs Jahre Haft in Betracht, meint Fuchs im Gespräch mit der „Presse“. So gesehen seien die fünfeinhalb Jahre für Martinz sicher „hart“, sagt der Experte. Allerdings habe der Richter wohl erschwerend berücksichtigt, dass Martinz keine Schuld eingestehen wollte. Und dass hier Politiker öffentliches Geld zweckentfremden wollten. Das Urteil des Gerichts zeige auch, dass ein Politiker, selbst wenn er Teil eines Systems ist, die volle strafrechtliche Verantwortung behält. Birnbacher wiederum hatte zwar im Prozess ausgepackt, seine Forderung, als Kronzeuge gewertet zu werden, stieß aber beim Richter auf taube Ohren. Denn Birnbacher gestand erst, als er schon unter Druck war. Und Strafmilderung bekam der Steuerberater ja ohnedies, schließlich fiel sein Urteil (drei Jahre, aber nur eines unbedingt) deutlich milder aus als das der anderen. Birnbacher war auch der Einzige, der sich nach dem Urteil Bedenkzeit erbat. Alle anderen Angeklagten kündigten Rechtsmittel an.

Auch abseits der Causa Hypo wartet auf die Justiz viel Arbeit, wenn es darum geht, die Kärntner Polithistorie aufzuarbeiten:
•So muss das Oberlandesgericht Graz entscheiden, ob die Strafe gegen Ex-FPK-Chef Uwe Scheuch in erster Instanz (sieben Monate bedingt und 150.000 Euro Geldstrafe wegen Korruption) korrekt war.
•Neu aufgerollt wird in Wien der Prozess rund um Franz Koloini, einst Protokollchef von Landeschef Jörg Haider. Es geht um die Frage, ob zwei Russen die österreichische Staatsbürgerschaft erhielten, weil sie Haider bestochen hatten.
•Dann gibt es Ermittlungen gegen die FPK-Spitze wegen einer Broschüre, die auf Kosten des Landes erstellt wurde, inhaltlich aber an die FPK erinnert. Die Broschüre wurde vor der Landtagswahl 2009 an die Haushalte versandt.
•Der freiheitlichen Parteiagentur Connect wird vorgeworfen, bei öffentlichen Aufträgen mitgeschnitten zu haben.
• FPK-Landeshauptmann Gerhard Dörfler wird beschuldigt, er habe einst als Verkehrslandesrat vorgeschrieben, welche Firmen Aufträge bekommen dürften. Auch angeblich überhöhte Zahlungen für das Asylwerberheim auf der Saualm sind Thema für die Justiz.
•Ermittelt wird auch, ob Landesaufträge an die SPÖ-Werbeagentur „Top-Team“ gegangen sind.

Alle Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2012)

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