Papst könnte verurteilten Exdiener begnadigen

Papst koennte verurteilten Exdiener
Papst koennte verurteilten Exdiener(c) EPA (CRISTIANO CHIODI)
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Im VatiLeaks-Prozess wurde Paolo Gabriele am Samstag zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt. Hintermänner nannte er nicht. Dass er die Strafe tatsächlich absitzen muss, ist nicht sehr wahrscheinlich.

Vatikanstadt. Er habe aus „tiefer Liebe zur Kirche und zum Papst“ gehandelt, sagte Paolo Gabriele, Ex-Kammerdiener von Benedikt XVI., in seinem Schlusswort als Angeklagter: „Ich fühle mich nicht als Dieb.“ Das Gericht im Vatikan sah das anders und verurteilte den 46-Jährigen Samstagmittag wegen Diebstahls zu 18 Monaten Haft. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre gefordert, also das Doppelte, der Vorsitzende Richter wertete aber die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten und dessen Reue als strafmildernd.

Gabriele wurde vorgeworfen, vertrauliche Dokumente aus dem Besitz des Papstes kopiert und zumindest einem Journalisten zugespielt zu haben. Dies hatte der Angeklagte auch gar nicht bestritten, sondern vielmehr ein Geständnis abgelegt. Die Verteidigung wollte das Aneignen der Dokumente indes nicht als Diebstahl sehen und forderte Freispruch. Dennoch bezeichnete Gabrieles Anwältin Cristina Arru das Urteil als „ausgewogen“.

Dass der Verurteilte seine Haftstrafe tatsächlich absitzen muss – in einem italienischen Gefängnis, im Vatikan gibt es keine Haftanstalten –, ist nicht sehr wahrscheinlich: „Die Möglichkeit einer Begnadigung ist konkret“, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Vorerst dürfte Gabriele einmal in Hausarrest bleiben, hieß es am Samstag.

Gabriele ist im Mai festgenommen worden, nachdem ihn der Sekretär des Papstes überführt hatte. Der Prozess hat nur eine Woche gedauert und nach Meinung der wenigen zugelassenen Beobachter kaum Erhellendes über die Hintergründe des Falles zum Vorschein gebracht. Die Staatsanwaltschaft hat sich denn auch bemüht, Gabriele als Einzeltäter darzustellen. Auch er selbst gab immer an, allein gehandelt zu haben, ohne etwaige Hintermänner oder Auftraggeber. Es wird aber ermittelt, ob es neben einem Informatikexperten, dem wegen Beihilfe separat der Prozess gemacht wird, weitere Komplizen gegeben hat.

Da einige der durchgesickerten Dokumente Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone in unvorteilhaftes Licht rückten, ist über eine vatikaninterne Intrige gegen den Leiter des wichtigsten Kurienamtes spekuliert worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2012)

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