Jugendkultur: Jugendliche leben online

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90 Prozent der 14- bis 19-Jährigen nutzen "Facebook", dabei spielen die Pflege sozialer Kontakte und Zeitvertreib eine herausragende Rolle. Ihre Onlinepräsenz entscheidet auch über ihre Offlinepräsenz.

Wien/Apa. „Die Welt der Jugendlichen steckt in ihrer Hosentasche.“ So fasst Jugendforscher Matthias Rohrer vom Institut für Jugendkulturforschung das Blickfeld der heutigen Heranwachsenden zusammen. Sie sind via Smartphones mit dem Internet verbunden – den ganzen Tag –, und dort spielt sich auch ihr soziales Leben ab. Gleichzeitig mangelt es ihnen an Gefahrenbewusstsein. Viele berichten von negativen Erfahrungen im Umgang mit der Onlinewelt.

90 Prozent der 14- bis 19-Jährigen nutzen „Facebook“, dabei spielen die Pflege sozialer Kontakte und Zeitvertreib eine herausragende Rolle, wie eine Befragung des Instituts zeigt. „Das Internet ist aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken“, so Rohrer. Onlineplattformen bieten eine Bühne zur Selbstdarstellung und Selbstvermarktung. Eine wichtige Grundregel für soziale Onlinenetzwerke lautet: „Du darfst kein MOF (Mensch ohne Freunde, Anm.)sein“ – und das muss man auch zeigen. Ein großer virtueller Freundeskreis bedeutet „Sozialprestige in der Gesellschaft der Gleichaltrigen“, sagt Rohrer. „Zwischen 200 und 500 sollte man schon haben.“

Dadurch herrscht großer sozialer Druck: Man muss zeigen, wer man ist beziehungsweise als wer man gesehen werden will. Passiert das nicht, wird man ausgeschlossen: „Ist man online nicht dabei, fällt man auch offline raus.“ Dabei werden die Gefahren des Internets nur am Rande bis gar nicht wahrgenommen. Das Bewusstsein, dass etwas passieren kann, ist zwar da, aber „die jungen Internetnutzer denken, dass nur andere davon betroffen sind“. Ein Drittel der Facebook-Nutzer hat ein komplett offenes – also auch von Nicht-Freunden einsehbares – Profil. Das Problem dabei: Die Jugendlichen überschätzen ihr Know-how im Hinblick auf Sicherheitseinstellungen. Jugendliche meinen, sie haben ein uneinsichtiges Profil, aber haben in Wahrheit keinerlei Sicherheitseinstellungen getätigt.

Immer mehr weibliche Täter

Viele Jugendliche können auch von negativen Erfahrungen berichten. Rund ein Drittel hat angegeben, dass „jemand meine Freunde oder Freundinnnen beschimpft hat“. Fast jeder Vierte gab an, dass er schon einmal „blöd angemacht“ wurde, genauso viele haben die Erfahrung gemacht, dass „jemand Unwahrheiten über mich verbreitet hat“. Davon, dass ein „Freund“ Fotos ins Netz gestellt hat, die „mir unangenehm waren“, konnte fast jeder fünfte Befragte berichten.

Als Besonderheiten des Cyber-Mobbings führte Rohrer an, dass sich die Inhalte schneller verbreiten, diese einer größeren Gemeinschaft zugänglich sind und sie kaum aus dem Netz entfernt werden können. Die vermeintliche Anonymität des Internets senkt zudem die Hemmschwelle. Unter den Tätern finden sich immer mehr weibliche Personen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2012)

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