Eine Frage der Gerechtigkeit

Wer Pensionsreform sagt, muss auch Privilegien in der Sozialversicherung angehen.

Für Sozialminister Hundstorfer kommt der Bericht des Rechnungshofes zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Während er darangeht, den Österreichern längeres Arbeiten und Rehabilitation statt Invaliditätspension schmackhaft zu machen, zeigt das Kontrollorgan auf, dass Bedienstete der Sozialversicherungen dank saftiger Zusatzpensionen gegenüber normalsterblichen ASVG-Versicherten immer noch stark begünstigt sind.

Zwar wurde für jene, die nach 1996 eingetreten sind, eine Anpassung an das ASVG vorgenommen. Tausende andere profitieren aber weiter davon, dass die Sozialversicherungen mit ihren eigenen Bediensteten etwa bei den Abschlägen höchst kulant umgegangen sind. Großzügiger jedenfalls als Regierung und Gesetzgeber mit ASVG-Versicherten und Bundesbeamten.

Der Sozialminister betont, ihm seien gesetzlich die Hände gebunden, nur höhere Beiträge von Sozialversicherungspensionisten seien möglich. Aber Hundstorfer ist selbst in der Sozialpartnerschaft groß geworden, die in der Sozialversicherung das Sagen hat.

Und ist nicht „mehr Gerechtigkeit“ genau jene Parole, die der sozialdemokratisch dominierte Teil der Sozialpartner, also Arbeiterkammer und ÖGB, in den letzten Wochen so oft beschworen haben? Das sollte auch für (privilegien-)geschützte Werkstätten gelten. Wenn Gerechtigkeit nicht bloß ein billiger Wahlkampfslogan sein soll, dürfen die Österreicher von Hundstorfer erwarten, dass er auch beim Stutzen von Pensions-Sonderrechten sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale wirft.

karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2012)

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