Die Probe aufs Exempel: Zum Unterrichten in die Praxis

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Lehrerin(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Unterrichten ist keine Kunst? Angehende Lehrer fühlen sich auf den Kontakt mit Kindern und Jugendlichen oft nicht ausreichend vorbereitet.

Anspruchsvoll und anerkennenswert – so wird das Berufsbild des Lehrers oft beschrieben. Doch Zweiteres stimmt nur dann, wenn man mit ganzem Herzen hinter dieser Berufswahl steht. Und das ist nicht immer der Fall. Der Bildungswissenschaftler Johannes Mayr, Leiter des Projektes Career Counselling for Teachers – CCT, hat vor einem Jahr die Zahl jener, die als Pädagogen ungeeignet sind, auf 20 Prozent geschätzt. Damit wäre jeder fünfte Lehrer beruflich am falschen Platz, für sich selbst und für die Schüler. Um dem entgegenwirken zu können, sollen ab Herbst 2013 Eignungstests für angehende Lehrer eingeführt werden. An pädagogischen Hochschulen sind Aufnahmetests obligatorisch, bei Universitätsstudien ist das bislang unüblich. Herausfinden, ob man dem Umgang mit Kindern und Jugendlichen gewachsen ist, kann man allerdings schon während des Studiums.

Fordern und fördern

„Praxiserfahrungen sind essenziell für die Studierenden, denn nur so können sie eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis herstellen und das Gelernte überprüfen“, sagt Elisabeth Seethaler, Vizerektorin der Pädagogischen Hochschule Salzburg. Ab dem ersten Semester sind die Studenten im praktischen Einsatz, schließlich sind sie diejenigen, die nach dem Abschluss unmittelbar in die Schulen gehen. Für zusätzliche Unterrichtspraxis bleibt da oft keine Zeit. Trotzdem: „Nachdem sich immer mehr junge Menschen ihr Studium selbst finanzieren müssen, arbeiten viele beispielsweise in Jugendzentren oder Sommercamps“, erzählt Seethaler. Für Johannes Mayr sollte man die zusätzliche Praxis während des Studiums an einer pädagogischen Hochschule nicht übertreiben. Denn entgegen der landläufigen Meinung komme es weniger darauf an, viel praktische Erfahrung zu sammeln, „wichtiger ist die Reflexion der in den Praktika gemachten Erfahrungen“. Sie können der Überprüfung der eigenen Berufswahl dienen und zeigen, welche Stärken und Schwächen vorhanden sind.

Sprachassistenz im Ausland

Wer beispielsweise an der Universität Salzburg studiert und das Lehramt ausüben möchte, kommt im zweiten Semester erstmals mit theoretischen pädagogischen Inhalten in Berührung. Praktisch ist im ersten Studienabschnitt ein dreiwöchiges Erkundungspraktikum vorgesehen. Im zweiten Abschnitt sind neun Wochen mit 135 Praxisstunden vorgesehen. „Ich finde es sehr wichtig, dass man sich darüber hinaus Betätigungsfelder sucht, denn man sollte auf die Klasse vorbereitet sein“, sagt Lisa Lahnsteiner. Sie studiert Englisch und PP an der Universität Wien und ist als Sprachassistentin nach England gegangen.

Ausgehend von der Servicestelle für das Mobilitätsprogramm des BMUK hat man damit die Möglichkeit, als Studierender erste Unterrichtserfahrung im Ausland zu sammeln. Die Sprachassistenten unterstützen Deutschlehrer in deren Unterricht und sollen die Schüler zum Sprechen motivieren. „Ich war an drei Schulen tätig und hatte vor allem mit Kindern zu tun, die ganz unterschiedliche kulturelle Hintergründe hatten. Dabei habe ich viel über Toleranz gelernt“, erzählt Lahnsteiner. Auch vom fremden Schulsystem habe sie profitiert. „Die spielerische Unterrichtsweise mit Gruppenarbeiten und Competitions ist ganz anders als das, was wir gewohnt sind.“ Zwischen sechs und zehn Monaten dauert eine Sprachassistenz, möglich sind sie an Schulen in 13 Ländern zwischen Nordirland und Russland. Wer sich bewerben möchte, sollte mindestens vier Semester studiert haben und die österreichische Staatsbürgerschaft haben. Auch Studenten aus Südtirol, die in ihrer Heimat keinen Job anstreben, können teilnehmen. „Begleitete, reflektierte Praxis ist notwendig für die Ausbildung und Professionalisierung von Lehrern“, sagt Silvia Flotzinger-Aigner, Teamleiterin für Sprachassistenzprogramme bei Kulturkontakt Austria. Rund 200 Studierende und Absolventen nehmen diese Möglichkeiten jährlich in Anspruch.

Unterrichtspraxis für Nichtlehrer

Die Teilnahme an diesen Programmen ist übrigens auch für Nicht-Lehramtstudierende möglich. Denn wer etwa mit einem Auge auf einen Job in der Wirtschaft schielt, kann durch den Umgang mit jungen Menschen anderer Sprachwelten viel lernen und Führungskompetenzen entwickeln. Den Umgang mit herausfordernden Situationen lernen und daraus für das Berufsleben lernen – darauf setzt auch das Programm „Teach for Austria“. Es bietet Bachelors mit hervorragendem Abschluss aus den unterschiedlichsten Domänen die Möglichkeit, zwei Jahre lang in Schulen zu unterrichten. Als sogenannte Fellows treffen sie auf bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche, bei denen sie Begeisterung wecken sollen und damit deren schulische Leistungen und das Selbstbild verbessern. „Viele junge Leute verfolgen den beruflichen Patchwork-Gedanken. Und da spielt Unterrichten eine wichtige Rolle“, sagt Gründer Walter Emberger. In Großbritannien bei Teach First UK etwa sei es unter Oxforder Studenten eines der höchsten Ziele, zwei Jahre zu unterrichten. „Und für die Unternehmen sind diese Fellows sehr attraktiv“, sagt Emberger. Im September ist das österreichische Pendant in Wien und Salzburg gestartet.

Auf einen Blick

Die verschiedenen Mobilitätsprogramme für Pädagogen und solche, die darauf hinarbeiten, werden an folgenden Terminen vorgestellt:

22. bis 24. November 2012 im Rahmen der Interpädagogica, Messezentrum Salzburg

12. Dezember 2012 im Rahmen des Seminar Mehrsprachigkeit, Germanistik, Universität Wien von 15.30 bis 17 Uhr

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.interpaedagogica.at

www.teachforaustria.at

www.weltweitunterrichten.at

www.cct-austria.at

www.phsalzburg.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2012)

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