"Fab Lab": Der Hightech-Hobbyraum

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Das erste österreichische "Fab Lab" feiert sein zweijähriges Bestehen: In der Gemeinschaftswerkstatt dürfen auch weniger Vermögende an teure Gerätschaft wie 3-D-Drucker oder Lasercutter.

Üppig finanzierte Elite-Universitäten sind ein guter Nährboden für Luxusprobleme. Vor zehn Jahren kam etwa Neil Gershenfeld vom MIT in Boston der Gedanke, dass die Hightech-Geräte seines Instituts in der Nutzung nicht besonders ausgelastet sind. So ließ er Studenten auch ohne dezidierten Arbeits- oder Forschungsauftrag an eine Phalanx aus digitalen Porduktionsmaschinen. Heraus kam nicht nur eine ganze Menge innovativer Projekte, sondern auch das übergeordnete Konzept namens Fab Lab (für „Fabrikationslabor) – ein Gerätelabor auf neuestem Stand, das für einen geringen Mitgliedsbeitrag allen offensteht.

Mittlerweile gibt es solche Technik-Mekkas rund um die Welt. Die Österreich-Pioniere der demokratischen Hightech-Werkstätten haben ihre Variante „Happy Lab“ getauft und residieren im zweiten Wiener Gemeindebezirk. „Wir hatten schon ein Fab Lab, ohne dass wir wussten, dass es eines ist“, sagt Roland Stelzer. Gemeinsam mit Ko-Gründer Karim Jafarmadar hat er in HTL-Zeiten an Robotern getüftelt und Wettbewerbe veranstaltet. Über die Zeit entstand eine ordentliche Roboterwerkstatt, die die beiden nicht voll auslasten konnten.


Geförderte Tech-Spielwiese. Erst ließen sie auch Kollegen in ihre Räumlichkeiten, später konnten sie in einem von der EU finanzierten Projekt mit Bratislava ein 100.000-Euro-Fab-Lab einrichten, das seit Herbst 2010 offensteht, wenn man – je nach Nutzung – monatlich zwischen drei und zwanzig Euro auf den Tisch legt.

Neulinge in den Räumlichkeiten in der Haussteinstraße kann man seither in zwei Gruppen teilen: solche, die absolut keine Ahnung haben, worum es bei all dem geht, und solche, die das alles am liebsten im eigenen Keller hätten, es sich aber nie leisten könnten. Der Erfolg von Fab Labs geht einher mit einem Trend rund um das Konzept des Rapid Prototyping: Per Computer geplante Werkstücke – egal, ob Architekturmodell, Fahrzeugbauteil oder Schachfigur – werden praktisch ohne manuelle Einwirkung mithilfe automatisierter Geräte erzeugt.

Am bekanntesten sind die sogenannten 3-D-Drucker, die aus einem oder mehreren formlosen Grundstoffen, meist Plastikarten, aus dem Nichts ein dreidimensionales Teil fertigen können. Der Urheber braucht nur mehr planerische, keine handwerklichen Fähigkeiten. Die Präzision der Maschine könnte händisch ohnehin nicht erreicht werden. In den vergangenen Jahren wurden solche Geräte immer kompakter und leistbarer. Nicht nur sprechen manche von einer neuen industriellen Revolution. Der Traum vieler Designvordenker und Unternehmen: Irgendwann kauft der Endverbraucher einen Turnschuh nur mehr als Datei per Download, individualisiert den Entwurf nach Belieben und „druckt“ ihn sich in den eigenen vier Wänden auf.

„Der Schuh, den ich hier jetzt drucke, wird aber noch nicht sehr bequem sein“, scherzt Roland Stelzer. Heute ist die Technologie für die meisten Verbraucher noch zu komplex. Für Studenten verschiedenster Richtungen und Jungunternehmer ist ein leistbarer Zugang allerdings Gold wert. „Die Nutzer sind grundsätzlich sehr durchmischt. Vom Alter her sind die meisten zwischen 20 und 30 Jahre alt, meistens auch Studenten“, sagt Jafarmadar. „Aber es kommen auch Pensionisten her, die Modelleisenbahner sind.“ Neben einem 3-D-Drucker umfasst die Einrichtung nämlich computergesteuerte Fräsen und Cutter, aber auch ein Elektronik-Labor und eine klassische Werkstatt für all jene, die sich in den eigenen vier Wänden nicht ausreichend austoben können.

Nach zwei Jahren zählt das Happy Lab mehr als 600 Mitglieder. Unabhängig von ihrem Background kommen die meisten mit einer ziemlich konkreten Vorstellung davon, was sie im Lab machen wollen. Weil es aber an der konkreten Erfahrung mit den Geräten fehlt, gibt es jede Woche einen kostenlosen Einsteiger-Workshop für ein Gerät. Ab da heißt es: „Man kann hier alles machen, man muss es aber selbst tun“, so Jafarmadar.


Forschende Hausherren. Stelzer und Jafarmadar selbst sind praktisch die „Residents“ im Happy Lab. Sie verbinden die Arbeit am Labor mit der Arbeit im Labor, wo sich aktuell auch ihr Projekt der vergangenen Jahre findet. Die beiden haben ein computergesteuertes Segelboot entwickelt und gemeinsam mit Meeresbiologen im Praxiseinsatz getestet. Das ist natürlich keinesfalls das technische Einstiegslevel für das Fab Lab. Einsteigern bringen die Hausherren gern bei, wie sie T-Shirts oder Umhängetaschen einen Aufdruck verpassen können.

Neues Steckenpferd sind die Workshops mit Schülern zwischen zehn und 15 Jahren. „Sie bauen ein einfaches elektronisches Musikinstrument oder designen am Computer ihr Traumhaus und drucken es dann aus“, sagt Stelzer. „Am Ende können sie es mit nach Hause nehmen und haben einen spielerischen Einblick in neue digitale Fertigungstechnologien.“ Und das, lange bevor sie später als Erwachsene vielleicht einmal selbst einen 3-D-Drucker zu Hause haben.

Labor- Situation

Fab Lab
Das Konzept: Maschinen, die bislang nur für die Massenproduktion tauglich waren, sollen für eine breite Masse an Nutzern zugänglich werden.

Happy Lab
Ab drei Euro pro Monat kann man die Einrichtung des Wiener Fab Lab nutzen – für die Werkstoffe Kunststoff, Holz und Metall gibt es Geräte auf dem aktuellen Stand der Technik.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2012)

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