Souvenirs und nackte Frauen „Sensibilität für das Schöne“

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Souvenirs nackte Frauen bdquoSensibilitaet(C) Pauty & Roßboth
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Kunstfotografie hat trotz schwieriger Bedingungen noch viel Verführerisches. Michele Pauty und Katharina Roßboth laden in ihre Ausstellungen.

Nerven aus Drahtseilen haben beide. In einer Ära, in der der Universaldilettantismus regiert und beinah jeder, der eine digitale Kleinbildkamera halten kann, sich als begnadetes Fotografierwunder begreift, entschlossen sich Katharina Roßboth (26) und Michele Pauty (30) professionellen Ernst zu machen mit ihrer Obsession. Beide arbeiten häufig auch für die „Presse“. Ist es nicht nervig, wenn jeder glaubt, er wäre aus dem Stand der bessere Fotograf?

„Natürlich stresst einen so eine Haltung zuweilen“, gibt Roßboth zu, aber sie hat eine Lösung parat: „Man muss sich einfach auf die eigene Arbeit konzentrieren. Wenn man sich voll auf eine Sache einlässt, dann macht man bald rasante Fortschritte. Man muss einfach Risiko auf sich nehmen.“

Auch Michele Pauty war eine Zerrissene. Sie wusste nicht, ob sie Malerin oder Fotografin werden wollte. „Als ich meine erste Spiegelreflexkamera bekam, war es um mich geschehen“, erinnert sie sich. Da war es noch ein weiter Weg vom Besuch der Graphischen Bundes-, Lehr- und Versuchsanstalt bis zu ersten Ausstellungen.

Eine versuchte die Magie von Toiletten sichtbar zu machen. Und zwar lange bevor Peter Handke seinen hoch gepriesenen „Versuch über den stillen Ort“ gedichtet hat. „Dieser mit Tabus belegte Ort strahlt meist viel Ruhe, manchmal sogar Poesie aus“, sagt Pauty, die morgen, Freitag, ihre nächste Vernissage hat. „Frauenakt im urbanen Wien“ nennt sich ihre Schau. Nacktheit hat für sie immer auch mit Politik zu tun. „Ich habe den Eindruck, dass sich in unserer so freien Zeit Männer viel leichter entkleiden als Frauen.“ Sie will mit ihrer Arbeit – wenn geht – das gängige Schönheitsideal subversiv unterwandern. „Frauen gehen eindeutig mehr Risiko ein, wenn sie sich nackt zeigen. Schließlich gibt es da eine ganze Industrie, die definiert, was Schönheit ist und was nicht.“

Ihre Modelle suchten sich die Orte ihrer Entblätterung selbst aus. Nur einmal musste Pauty einen Vorschlag ablehnen. Eine Nackte auf der stark befahrenen Reichsbrücke zu fotografieren, war ihr doch zu viel Risiko. „Einen Unfall wollte ich nicht provozieren“, lacht sie.Roßboths bereits eröffnete Ausstellung „Se Souvenir“, eine Art Reisetagebuch, demonstriert eindrucksvoll ihr Interesse am Menschen. „Ich spreche die Leute an öffentlichen Orten an. Manchmal stößt man auf Ablehnung, andere finden es beinah normal, fragen gar nicht nach dem Zweck der Bilder. Interessant ist auch, wie sich Menschen ins Bild setzen.“ Beide glauben fest daran, dass sich fotografische Qualität auch in Zeiten der digitalen Bilderflut durchsetzen wird. „Dass so viele schlechte Bilder entstehen, hilft uns sogar. Es erhöht die Sensibilität für das Schöne.“

Auf einen Blick

Vernissage von Michele Pauty: „Frauenakt im urbanen Wien“, Freitag, 19 Uhr, Schnittbogen, Gumpendorfer Stadtbahnbogen 3-4.
Katharina Roßboth: „Se Souvenir“, bis 31. 1., Podium, Westbahnstraße 33. „Bilder der Donau“, bis 2. 12., Schloß Spitz. Infos: Eyes on, Monat der Fotografie.
Info: Eyes On, Monat der Fotografie. www.eyes-on.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2012)

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