Operndirektor Tony Hall wird neuer BBC-Chef

Operndirektor Tony Hall wird
Operndirektor Tony Hall wird(c) REUTERS LUKE MACGREGOR
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Er soll die BBC aus ihrer Krise führen: Tony Hall leitete bisher das Royal Opera House und hat Erfahrung bei der BBC. Er tritt den Posten im März an.

Neuer Chef der britischen Rundfunkanstalt BBC ist der Kulturmanager TonyHall. Das teilte die BBC am Donnerstag in London mit. Der bisherige Direktor des Royal Opera House folgt George Entwistle, der nach einem umstrittenen BBC-Bericht am 10. November nach nur 54 Tagen im Amt zurückgetreten war. Hall ist Baron Hall of Birkenhead und war lange bei der BBC tätig. Ab 1993 leitete Hall die BBC News, 1999 hatte er sich - damals erfolglos - um den Posten des BBC-Chefs beworben. 2001 wechselte er an die Oper - nach insgesamt 28 Jahren bei der BBC.

Der 61-Jährige sei "die richtige Person, um die BBC aus ihrer derzeitigen Krise zu führen", sagte Rundfunkratspräsident Chris Patten. Die journalistische Erfahrung des früheren Nachrichtenchefs sei "von unschätzbarem Wert, während die BBC dabei ist, ihren Ruf wiederherzustellen". Die BBC müsse "ihre Arbeitsstrukturen umfassend prüfen und dahin gehend ändern, dass sie dem Standard gerecht wird, den die Öffentlichkeit von ihr erwartet", sagte Patten. Als ehemaliger Insider, der nun einen Blick von außen auf die Anstalt werfe, sei Hall der richtige Mann für diese Aufgabe. Bis zu seinem Weggang 2001 arbeitete Hall insgesamt 28 Jahre bei der BBC. Bei der Royal Opera sorgte er für Modernisierungen und Innovationen.

Zur Person

Als erfolgreicher Krisenmanager kommt Tony Hall der BBC gerade recht. Auch die Royal Opera steckte in der Krise, ehe Hall sie von 2001 an als Geschäftsführer mit Innovationen wieder nach vorne brachte. Ebenso das Kulturprogramm zu Olympia in London, das in ähnlichen Schwierigkeiten steckte. Das macht den 61-Jährigen zum geeigneten Mann als neuen Generaldirektor der BBC. Der Sender macht nach eigenem Bekunden derzeit eine "traumatische Periode" durch.

Ein weiterer großer Pluspunkt Halls ist, dass er einerseits von außen kommt, die BBC aber aus dem Effeff kennt. Bis zu seinem Weggang 2001 arbeitete Hall insgesamt 28 Jahre bei der BBC. Nach seinem Studium der Philosophie, Wirtschaftswissenschaften und Politik hatte er 1973 klein im Newsroom von Belfast angefangen. Als Nachrichtenchef hatte er zwischen 1996 und 2001 auch den Rundfunksender BBC 5, den Nachrichtenkanal BBC News und den BBC-Parlamentskanal gestartet. Er gilt in Großbritannien als eine Art "digitaler Pionier". 2010 wurde er ins Oberhaus als Lord Hall of Birkenhead berufen.

Seine Frau Cynthia ist Rektorin von Wycombe Abbey, einer der führenden britischen Mädchen-Privatschulen etwas außerhalb Londons. Das Paar hat zwei Kinder.

Der neue Generaldirektor wird sein Amt im März antreten. "Ich will sicherstellen, dass unsere Nachrichtendienste Weltniveau haben", sagte Hall in einer ersten Reaktion.

"Newsnight"-Missgriff

Die renommierte Sendeanstalt steckt in einer tiefen Krise, seit Missbrauchsvorwürfe gegen den im vergangenen Jahr verstorbenen BBC-Starmoderator Jimmy Savile bekannt geworden waren.

Das BBC-Flaggschiff "Newsnight" hatte Anfang November einen Bericht gesendet, in dem fälschlicherweise behauptet wurde, ein konservativer Politiker sei in Fälle von Kindesmissbrauch verwickelt.

Obwohl der Politiker nicht namentlich genannt wurde, kursierte kurz darauf im Internet das Gerücht, es handle sich um Alistair McAlpine. Die BBC verpflichtete sich danach zu einer Entschädigungszahlung an den zu Unrecht Beschuldigten.

"Newsnight" wird zudem vorgeworfen, Hinweise zum Fall Savile zurückgehalten zu haben. Auch gibt es Vorwürfe, dass Savile von BBC-Mitarbeitern jahrelang gedeckt wurde. Der vor einem Jahr gestorbene Savile und andere sollen über Jahre hinweg hunderte junge Menschen missbraucht haben. Die Verantwortlichen bei der BBC sehen sich mit der Frage konfrontiert, wer in der renommierten Sendeanstalt von den Vorgängen gewusst hat. 2006, als Savile nach mehr als 40 Jahren die letzte reguläre Sendung der TV-Hitparade "Top of the Pops" moderiert hatte, waren Spekulationen bereits im Umlauf. Der Skandal hat einen Schatten auf die Glaubwürdigkeit des für seine Zuverlässigkeit gerühmten Senders geworfen.

(APA/AFP)

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