Exhumierung: Experten öffneten Arafats Grab

(c) AP Mohammed Ballas
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Vor acht Jahren starb der legendäre Palästinenserführer. Nun wurden der Leiche Gewebeproben entnommen, um Gerüchten eines Giftmords nachzugehen. Ausgerechnet die Witwe Suha Arafat trieb die Exhumierung voran.

Jerusalem/kna. Acht Jahre nach seinem Tod wurde am Dienstag in Ramallah das Grab Jassir Arafats geöffnet: Abgeschirmt von einer blauen Plane entnahmen lokale Pathologen sowie Experten aus der Schweiz, Frankreich und Russland Gewebeproben von den sterblichen Überresten des legendären Palästinenserführers. Die Pathologen sollen feststellen, ob Arafat vergiftet wurde. Zuvor hatten Schweizer Experten an Arafats Wäsche und Zahnbürste Überreste des radioaktiven Stoffes Polonium-210 gefunden.

Ausgerechnet die Witwe Suha Arafat trieb die Exhumierung voran. Keine andere als die streitbare Bankierstochter aus Ramallah hatte eine Obduktion verhindert, als sie noch weniger aufwendig, dafür aber deutlich aufschlussreicher gewesen wäre als heute. Sie habe damals unter Schock gestanden und deshalb an so etwas nicht gedacht, sagt sie. Immerhin war Arafat gut vier Wochen krank, bevor er starb. So überraschend kann sein Tod für sie also nicht gewesen sein.

Nicht nur Israel hatte ein Motiv

Gut zwei Wochen waren Arbeiter damit beschäftigt, die dicke Betonschicht über dem toten Körper abzutragen: „Es ist eine schmerzliche Notwendigkeit“, sagt Tawfiq Tirawi, der die Untersuchungen leitet. Er sorgte dafür, dass auch russische Experten beigezogen wurden.
Offenbar schenkt die Autonomiebehörde den von Suha Arafat beauftragten Franzosen und Schweizern nur bedingt Vertrauen. Das Verhältnis zwischen Frau Arafat und den Palästinensern war schon zu Lebzeiten ihres Mannes miserabel. Mit Ergebnissen der Untersuchung wird erst in Monaten gerechnet. Sollten die Experten übereinstimmend zum Ergebnis kommen, dass Arafats Tod kein natürlicher war, geht das Rätselraten los: Wer steckt dahinter? Die Chancen der Palästinenser auf einen eigenen Staat sind vermutlich besser als die auf eine Antwort.

Zuerst wird sich der Verdacht gegen Israel richten. So hatte einst Ex-Premier Ariel Scharon gemeint, er sei sich „keiner Verpflichtung bewusst, Arafat nicht physisch zu verletzen“. Dagegen spricht, dass Scharon seinen Erzfeind schon lange vorher politisch kaltgestellt hatte. Motive hätten auch manche aus der palästinensischen Führungsriege gehabt, inklusive Arafats Nachfolger Mahmoud Abbas.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2012)

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