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Indische Sitar-Legende Ravi Shankar ist tot

Indische SitarLegende Ravi Shankar
Indische SitarLegende Ravi Shankar(c) AP (Aijaz Rahi)
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Ravi Shankar, Vater der Sängerin Norah Jones, starb im Alter von 92 Jahren. Er beeinflusste westliche Musiker wie die Beatles und die Rolling Stones.

Indien trauert um einen nationale Legende: Der indische Sitar-Musiker Ravi Shankar ist tot. Shankar sei in einem Krankenhaus in San Diego im US-Bundesstaat Kalifornien gestorben, berichtete der indische Fernsehsender CNN-IBN am Mittwoch. Er wurde 92 Jahre alt.

Indiens Premierminister Manmohan Sing würdigte den Musiker am Mittwoch als einen "nationalen Schatz und weltweiten Botschafter des indischen Kulturerbes". Nirupama Rao, die indische Botschafterin in den USA, twitterte, sie trauere "um ein musikalisches Genie und eine liebenswürdige Seele".

Erst Tänzer, dann Musiker

1920 wurde Shankar im nordindischen Benares (heute Varanasi) geboren, jener mythenumwobenen Stadt am Ganges, die Hindus als heilig gilt. In den 30er-Jahren tourte der junge Ravi mit der Tanzgruppe seines älteren Bruders Uday durch Europa und die USA.

Erst mit 18 wandte er sich endgültig der Musik zu. Sechs Jahre lang ging er bei Sitar-Meister Allauddin Khan in die Lehre. Fünf Jahre später gründete Shankar das Indische Nationalorchester, und er wurde Musikdirektor des staatlichen Rundfunks All India Radio.

George Harrison und Woodstock

Shankar beeinflusste zahlreiche westliche Musiker, darunter die Beatles und die Rolling Stones. Als klassischer Musiker war er bereits zuvor im Westen bekannt geworden. Er spielte mit dem Geiger Yehudi Menuhin zusammen. Der Komponist Philip Glass ließ sich von Shankar in die indische Rhythmik einführen. Dem Jazz-Saxofonisten John Coltrane sang Shankar die Raga-Muster vor.

In den 1960er Jahren unterrichtete er den Beatles-Gitarristen George Harrison. Dadurch wurde er auch zu einer Ikone der Hippie-Bewegung. 1969 trat er neben Jimi Hendrix und Janis Joplin beim legendären Woodstock-Festival auf.

"Ich hasse den Begriff 'Fusion'"

Vom Woodstock-Festival war der Musiker eher abgeschreckt. Er bekam den Eindruck, dass ihm die Besucher gar nicht richtig zuhörten. "Das Publikum war bekifft. Die Musik diente nur der Atmosphäre. Mir wurde schnell klar: Hier bin ich falsch", erzählte er einmal.

Zu Hause brachte ihm der Ausflug zum Popmusik-Publikum Kritik ein, weil er die Improvisationen über klassische Ragas für die westlichen Zuhörer verkürzte. "Aber ich hasse den Begriff 'Fusion'", erklärte er. "Ich mixe keine musikalischen Cocktails. Ich experimentiere, aber die Basis meiner Kompositionen war immer indisch."

Im Laufe der Jahrzehnte wurde er mit Auszeichnungen überhäuft, er gewann alleine drei Grammy-Awards, die weltweit begehrteste Musikauszeichnung. "Das größte Glück ist es, zu improvisieren, Musik wie aus einem Ozean zu schöpfen, immer wieder Neues zu finden", sagt Shankar vor seinem 80. Geburtstag.

Vater zweier berühmter Töchter

Während es künstlerisch für Shankar steil nach oben ging, verlief sein Privatleben weniger geradlinig. Zunächst heiratete er 1941 die Tochter seines Lehrers, mit der er einen inzwischen verstorbenen Sohn hatte. Er ließ sich scheiden und hatte verschiedene Beziehungen. Aus einer davon ging 1979 der Jazz- und Soul-Weltstar Norah Jones hervor. Jones hat ihren Vater inzwischen in Sachen Grammys weit überholt: Sie gewann insgesamt neun der begehrten Auszeichnungen.

1989 heiratete Shankar seine zweite Ehefrau Sukanya, die ihn nun überlebt. Lange vor der Hochzeit bekam Sukanya im Jahr 1981 von ihrem damaligen Liebhaber und späteren Ehemann ein Kind: Die heute international bekannte Sitar-Spielerin Anoushka Shankar. Ravi Shankar bekannte sich erst spät zu seiner Tochter, dann aber machte er sie zu seiner Meisterschülerin. Schon mit 15 begleitete Anoushka ihren Vater musikalisch bei einem Konzert in der Carnegie Hall.

Für Grammy Award 2013 nominiert

Mit seinem Album "The Living Room Sessions Part 1" ist Shankar für die Grammy Awards 2013 nominiert. In der Kategorie "Bestes Weltmusik-Album" tritt er posthum auch gegen Anosuka, an, die mit "Traveller" nominiert ist.

Indien: TV-Sender unterbrechen Programm

Shankar hatte Atemwegs- und Herzprobleme und war vor wenigen Tagen in San Diego operiert worden. Fernsehsender in seinem Heimatland Indien unterbrachen für die Nachricht über den Tod des Musikers ihr Programm und brachten Sondersendungen. Shankar war auch Mitglied des Oberhauses des indischen Parlaments.

Zur Person

Shankar wurde am 7. April 1920 in Benares am Ufer des Ganges geboren, er stammte aus einer Familie von Brahmanen, der höchsten indischen Kaste. Bis zu seinem 18. Geburtstag war er als Tänzer mit der Truppe seines Bruders durch Europa und Amerika getourt. Danach studierte er beim berühmten Meister Allauddin Khan klassische indische Musik.

Ab 1956 ging er in den USA und in Europa auf Tournee. So lernte er auch George Harrison kennen. Der Musiker war mehrfach verheiratet und ist Vater der Musikerinnen Anoushka Shankar und Norah Jones.

Er lebte bis zuletzt in Kalifornien.

(APA/AFP)

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