Berlusconi will mehr Zeit für seine TV-One-Man-Shows

ITALY MEDIA PARTIES BERLUSCONI
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Der Ex-Premier lässt das Parlament weiter blockieren, um sich so länger medial inszenieren zu können. Italien kann sich in diesen Tagen vor den Auftritten des 76-Jährigen nicht mehr retten.

Rom. Vor zwei Wochen hat er die Regierung Monti kalt entmachtet, weil es ihm gar nicht schnell genug gehen konnte mit Neuwahlen; jetzt drängt Silvio Berlusconi darauf, die Parlamentswahl weiter hinauszuschieben. Und hat er noch vor sieben Tagen dem „Techniker“ Mario Monti angeboten, statt seiner Person Spitzenkandidat des „gemäßigten Lagers“ zu werden, so hält der Ex-Premier dieses Offert nunmehr für „abgelaufen“ – obwohl sich Monti noch mit keinem Wort dazu geäußert hat. „Ich selbst kehre zurück, weil das Land mich braucht“, sagte nun Berlusconi.

Italien kann sich in diesen Tagen vor den Auftritten des 76-Jährigen nicht mehr retten. Am Dienstagabend war er schon wieder für zwei Stunden in einer Talkshow, als Alleinunterhalter, denn Livediskussionen mit Gegnern verbittet er sich. Seit dem Wochenende tritt Berlusconi jeden Tag etwa eine Stunde lang in seinen eigenen Fernsehsendern auf – und polemisiert gegen die Sparpolitik und hohe Steuern, gegen die „Kommunisten“, gegen den Euro, gegen das „egoistische Deutschland“.

Berlusconi will die Tage nützen, in denen das Parlament noch nicht aufgelöst und die Neuwahl nicht formell ausgeschrieben ist. Denn von diesem Zeitpunkt an gilt im italienischen Fernsehen das Gesetz der „gleichen Voraussetzungen“. Dann darf keine Partei länger als die Konkurrenz im Fernsehen auftauchen.

Um mehr Zeit zu bekommen – „mit meinen TV-Auftritten gewinne ich pro Woche drei Prozentpunkte in den Umfragen!“ – hat Berlusconi seine Parlamentsfraktion angewiesen, die Haushaltsdebatte hinauszuzögern. Ohne fertigen Etat nämlich will der Staatspräsident das Parlament nicht auflösen; ohne Auflösung kann er aber keine Neuwahlen ankündigen.

Das Parlament wiederum, das sich von seiner größten Fraktion blockiert sieht, ist handlungsunfähig, und ohne Parlament ist auch Montis Regierung lahmgelegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2012)

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