Den zweiten Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee hat der Tiroler Gregor Schlierenzauer in vollen Zügen genießen können, nun nimmt der 23-Jährige die Bestmarke des Finnen Matti Nykänen ins Visier.
Bischofshofen/Wien. Das Lachen wollte Gregor Schlierenzauer nach seinem zweiten Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee nicht mehr aus dem Gesicht weichen. Von den Strapazen der zehntägigen Serie war dem Tiroler jedenfalls nichts anzumerken, völlig entspannt stellte er sich der scheinbar nicht enden wollenden Schar an Gratulanten in Bischofshofen.
Dabei war der Titelverteidiger im Finale nochmals voll gefordert worden, bis zum letzten Sprung hatte der Norweger Anders Jacobsen dagegengehalten. „Es war sicher kein Nachteil, die Tournee schon gewonnen zu haben“, betonte Schlierenzauer. Diese Routine habe ihm heuer geholfen, die kniffligen Situationen zu meistern. „Am schwierigsten war es in Garmisch, als Jacobsen so richtig geflogen ist und ich den Sieg verloren habe. Da habe ich realisiert, wie stark er ist. Zum Glück habe ich in Innsbruck mit einem sehr guten Tag die Wende geschafft.“
Trotz des großen Druckes habe er die Tournee in diesem Jahr genießen können, stellte Schlierenzauer fest. „Das ist das Größte, was man erreichen kann, wenn man im Jetzt steht und alles aufsaugen kann. Das ist mir gelungen.“ Ein wichtiger Schritt war es, gemeinsam mit Trainer Markus Maurberger zur Leichtigkeit vergangener Tage zurückzufinden. „Als ich mit 16 in den Weltcup gekommen bin, habe ich nicht viel nachgedacht.“ Nun sei er auf einem guten Weg, wieder mit Leichtigkeit und Freude die Bewerbe zu bestreiten. Die Verbissenheit früherer Jahre hat der Weltcup-Seriensieger abgelegt.
„Ich will die Nummer eins sein“
In Bischofshofen rückte Schlierenzauer mit dem 45. Erfolg auch der Bestmarke des Finnen Matti Nykänen bis auf einen Sieg nahe. Fünfmal hat Schlierenzauer im WM-Winter nun schon gewonnen, schon am Mittwochabend (20.30 Uhr) könnte in Wisla der nächste Streich folgen. „Jetzt denke ich einmal an die 46, aber mein großes Ziel ist es, die Nummer eins zu sein“, betonte er.
Für Norwegens Coach Alexander Stöckl ist es nur eine Frage der Zeit, bis sein früherer Stams-Schützling an der Spitze steht. „Es wird interessant, wie schwer er es dem nächsten macht, den Rekord zu übertreffen“, sagte der Tiroler. Stöckl war mit der Leistung seines Teams, das diesmal sogar die Österreicher in den Schatten stellte, sehr zufrieden. „In der Gesamtwertung drei unter den ersten fünf, mehr kann man nicht erwarten“, meinte der 39-Jährige, dessen Schützling Anders Jacobsen ihn sogar lange mit einem Sieg spekulieren ließ.
Jacobsen: „Beste hat gewonnen“
Am Ende habe sich bei Jacobsen der große Druck bemerkbar gemacht. „Er hatte Zeit zum Nachdenken und war dann nicht mehr so locker“, erklärte Stöckl. Doch nicht nur der Trainer, auch der 27-Jährige selbst war über den zweiten Gesamtrang keineswegs enttäuscht. „Ich hatte sieben gute Sprünge und einen schlechten, ich bin zufrieden“, sagte Jacobsen und gratulierte seinem Rivalen. „Der Beste hat gewonnen.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2013)