Hofstätter – am liebsten anonym: „Popularität macht mir Angst“

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Schauspielerin Maria Hofstätter im Interview mit der "Presse" über die Flucht aus ihrem Heimatdorf, und wie sie trotz ihrer Erfolge mit „Braunschlag“ und den Filmen von Ulrich Seidl unerkannt bleibt.

Schauspielerin Maria Hofstätter hat Angst vor Popularität: „Ich will nicht, dass mich jeder auf der Straße erkennt. Da könnte ich ja gleich wieder ins Dorf zurückgehen.“ Der 48-Jährigen wäre ein Alltag als Mutter und Bäuerin eher in die Wiege gelegt gewesen. „Aber mein Leben hat eine andere Richtung genommen. Der dörflichen Sozialkontrolle bin ich bewusst entgangen, ich liebe die Anonymität der Großstadt“, sagt sie.

Hofstätter wuchs in einem Dorf in der Nähe von Linz auf. Dort gebe es alles, was es in einem Staat gibt – nur klein. „In einem Dorf erkennt man Strukturen und Hierarchien sehr gut. Jede Figur steht für etwas in einer Gesellschaft“, meint Hofstätter. Die ORF-Serie „Braunschlag“, in der sie die Figur der Ehefrau des Bürgermeisters eines kleinen Orts im Waldviertel spielt, erinnere sie an ihre eigene Herkunft: „Die Dorfstrukturen in Braunschlag sind mir vertraut. Obwohl sie in der Serie übertrieben dargestellt sind.“

Begonnen hat Hofstätters Schauspielkarriere 1983 in der Linzer Kabarettszene. Als junge Erwachsene fand sie sich an einem, wie sie sagt, „lustigen Abend, der mein Leben verändert hat“, auf der Bühne wieder. Beim Fortgehen wurde sie eingeladen, bei einem Kabarett mitzuwirken, spielte in den folgenden Jahren unter anderem mit Josef Hader. Zwölf Jahre später gründete sie mit einem Kollegen das „Projekttheater Vorarlberg“. „Diese Selbstbestimmtheit und Freiheit war mir immer viel wert.“ Bis heute wohnt sie in der Wohnung, die sie als Studentin in Wien mit zwei anderen als WG bezogen hat. „Wohnen ist teuer, und mit dieser Wohnung kann ich meine Fixkosten niedrig halten. Sie erlaubt mir, auch Nein sagen zu können. Nicht, weil ich nicht gern viel verdiene, sondern, weil es oft so ist, dass die interessanten Sachen nicht gut bezahlt sind“, so Hofstätter.

Dabei habe sie nichts dagegen, Ausflüge in verschiedene Genres zu machen: „Ich will nur nicht bei jeder Serie in jedem Hauptabendprogramm dabei sein.“ Wenn man sehr viel Hauptabendsendezeit hätte, lasse sich der Wiedererkennungswert irgendwann nicht mehr vermeiden. Davor flüchtet sie, bezeichnet es als Selbstschutz. „Ich hab nichts gegen die Menschen. Mein Leben soll nur nicht zum Spießrutenlauf werden, wenn ich mal zum Supermarkt gehe.“

Ist das nach Ulrich Seidls Filmerfolgen, in denen Hofstätter eine wichtige Rolle spielt, überhaupt noch möglich (Filme wie „Hundstage“ oder der am 11. Jänner startende „Paradies: Glaube“, in dessen Gefolge Hofstätter im März den Schauspielpreis der Diagonale erhalten wird)? „Ja. Man kennt zwar die Figuren, die ich spiele, aber die wenigsten wissen, wie ich heiße, noch weniger, wie ich privat aussehe.“

Apropos Aussehen: „Ich finde, wir haben einen völlig verdorbenen Blick auf die Welt, in der einem vorgegeben wird, wie man auszusehen hat, und Nacktheit immer als erotische Pose gezeigt wird. Das ist verlogen“, sagt Hofstätter. „Lieber einen alten Menschen mit runzeliger Haut im Gesicht, die ein Leben erzählt, als Körper, bei dem man sich denkt: Wennst reinstichst, kommt nur Styropor raus.“ – „Ein völlig verzerrtes Bild, das man nicht erfüllen kann, dem man aber trotzdem hinterherhechelt. Das macht traurig und einsam.“

Ein Gefühl, das Hofstätter aus ihrer Jugend kenne. Die katholische Erziehung habe ihr die Rollenfindung als Frau erschwert: „Ich fühlte mich mehr wie ein Bub als ein Mädchen. Es war ein schwieriges Prozedere, zu mir selbst zu finden.“ Es war die Linzer Kabarettszene, die es ihr erleichtert habe, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Überhaupt: „Ein normales Selbstbild zu haben ist ein Lebensprojekt.“

Zur Person

Maria Hofstätter (48) wuchs in der Nähe von Linz auf und begann ihre Karriere 1983 beim Kabarett. Mit Filmen wie „Indien“ und „Hundstage“ wurde sie bekannt. 2012 spielte sie u. a. in „Braunschlag“ und Ulrich Seidls „Paradies: Glaube“, der heute Premiere hat. Im März erhält sie den Großen Schauspielpreis der Diagonale.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2013)

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