„Großer Bruder“ China zeigt Nordkorea kalte Schulter

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Die KP-Führung in Peking stimmte erstmals einer Ausweitung der UN-Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang zu. Das stalinistische Nordkorea schäumt und droht mit dem Ausbau seines Nuklearwaffenarsenals.

Peking/Pjöngjang. Nach außen hin richtet sich der Hass des stalinistischen Regimes gegen die USA: Nordkorea werde „die militärischen Fähigkeiten zur Selbstverteidigung stärken, einschließlich der nuklearen Abschreckung", hieß es gestern aus dem nordkoreanischen Außenministerium. Auf die feindliche US-Politik werde man „mit Stärke, nicht mit Worten" reagieren. Wenige Stunden zuvor hat der UN-Sicherheitsrat beschlossen, wegen des jüngsten nordkoreanischen Raketentests Sanktionen gegen Pjöngjang zu verschärfen.

Doch in Wirklichkeit ärgert sich das Regime diesmal gar nicht so sehr über den „imperialistischen Feind" im Westen.

Eigentlich richtet sich der Zorn Pjöngjangs gegen „den großen Bruder“ in Peking: Die chinesische Führung stimmte diesmal im UN-Sicherheitsrat gegen Nordkorea. Bisher hatte China stets die schützende Hand über seinen Nachbarn gehalten und weitergehende UN-Sanktionen blockiert – noch vor Beginn der UN-Sitzung am Dienstag hatte der chinesische Vertreter vor einer Eskalation des Konflikts gewarnt und „Zurückhaltung“ gefordert. Dabei war zu diesem Zeitpunkt der Kompromiss zwischen China und den USA längst gefunden. Diese „Scheinheiligkeit“ des Ex-Verbündeten ärgert Pjöngjang ganz besonders.

Zur Erinnerung: Nordkorea war es am 12. Dezember gelungen, eine Langstreckenrakete ins All zu schießen. Das Regime behauptete, zu Forschungszwecken einen Beobachtungssatelliten in den Orbit gebracht zu haben. Südkorea, Japan und die USA vermuten dahinter jedoch einen Test für Trägerraketen von Atomwaffen. Zudem befürchten sie die Vorbereitung eines dritten Atomwaffentests. Nachdem Pjöngjang 2006 und 2009 nukleare Sprengsätze zündete, verhängte der Weltsicherheitsrat Sanktionen, die Nordkorea den Einsatz von Langstreckenraketen und Atomwaffen verbietet.

Chinesen zunehmend genervt

Peking beteuert, dass es sich bei der neuen UN-Resolution nur um eine Ausweitung der bestehenden Sanktionen handle. Tatsächlich dürften die Maßnahmen für Pjöngjang geringe Auswirkungen haben. Die Auslandskonten des nordkoreanischen „Komitees für Raumfahrttechnologie“ sollen eingefroren werden, ebenso die einer Bank und vier Handelsunternehmen. Außerdem dürfen vier Regierungsvertreter, die an dem Raketenstart in leitender Position beteiligt waren, nicht mehr ins Ausland reisen. In der streng abgeschotteten Diktatur genießen die Bürger aber ohnehin keine Reisefreiheit.

Dass China der Resolution nun zugestimmt hat, deutet dennoch auf einen Kurswechsel hin. In Peking ist es schon lange kein Geheimnis mehr, dass die Führung genervt vom Geplänkel in Pjöngjang ist. Ideologisch haben sich die Bruderstaaten nichts mehr zu sagen. Chinas KP setzt seit 30 Jahren auf Marktwirtschaft und eine Integration in die Weltgemeinschaft. Der vor einem Jahr verstorbene Diktator Nordkoreas, Kim Jong-il, hingegen hielt an der Abschottung seines Landes fest. Vieles deutet darauf hin, dass sein Sohn Kim Jong-un diesen Kurs vorerst fortsetzen will. Für China ist Südkorea längst der viel wichtigere Partner.

„Die Welt hat sich verändert. Frieden und Wirtschaftsentwicklung sind zum Leitbild geworden“, sagt Zhang Liangui von der Zentralen Parteischule der KP in Peking. Sie „bedauert, dass Nordkorea diese Chance nicht ergriffen hat“. Peking unterstützte Nordkorea bisher aus strategischen Gründen: China sieht seine wirtschaftlichen Interessen gefährdet, sollte der Koreakonflikt eskalieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2013)

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