Ski alpin: Italiener Paris gewinnt auf der Streif

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Die Österreicher bleiben auf der Streif sieglos. Der Südtiroler Dominik Paris triumphierte beim 73. Hahnenkammrennen vor dem Kanadier Erik Guay und dem Salzburger Hannes Reichelt.

Klaus Kröll, der in Kitzbühel schon einmal einen Super-G gewonnen hat, kann auf der Streif keiner mehr etwas vormachen. Als er bei Kaiserwetter im Ziel abschwang, dass es nur so staubte, hatte er so ein Gefühl. Das Gefühl, eine große Chance vergeben zu haben. Es war keine schlechte Fahrt, die der „Bulle von Öblarn“ beim 73. Hahnenkammrennen erwischt hatte, aber sie war nicht gut genug. „Da ist noch etwas drinnen“, schnaufte er. „Darum bin ich auch pessimistisch.“

Der Steirer sollte recht behalten, nicht einmal die zwischenzeitliche Bestzeit von Max Franz sollte allzu lang halten. Aber sie wurde nicht gebrochen von Aksel Lund Svindal, der in die absolute Favoritenrolle gedrängt wurde, weil er zweimal im Training Schnellster war und im Super-G erstmals eine goldene Gams als Trophäe in Händen halten durfte. Der Norweger wurde gestern lediglich Zehnter. Warum? „Weil ich nicht schnell genug war“, so die lapidare Antwort.

Handtuch von Altenmarkt. Es gab Stürze, die glimpflich endeten. Darunter auch ein spektakulärer Köpfler des Südtirolers Peter Fill. Auch der Österreicher Florian Scheiber landete unsanft. Dabei war Arnold Schwarzenegger eigens aus Rom eingeflogen, um den heimischen Abfahrtshelden den Daumen zu drücken. „Es ist immer lustig hier“, meinte er. „Ich hoffe, die Österreicher gewinnen Medaillen hier.“
Es wurde letztlich immerhin ein Gamsbock – aus Bronze. Bekommen hat ihn der Salzburger Hannes Reichelt. Er hat den möglichen Sieg in der Traverse vergeben. Bis zu diesem Streckenabschnitt ist er sensationell unterwegs gewesen. Aber Reichelt, der seine dritte Speedsaison bestreitet, hat auch nicht so ganz  die typische Abfahrerfigur. „Wenn Klaus Kröll der Bulle von Öblarn ist“, meinte die „Süddeutsche Zeitung“ dieser Tage, „dann ist Reichelt das Handtuch von Altenmarkt.“

Der Jubel des Meraners. Der Sieger auf der berühmt-berüchtigten Streif, der bringt ein ganz anderes Kampfgewicht auf die Waage: Dominik Paris, der es bislang auf einen Weltcuperfolg gebracht hat, wiegt knapp 100 Kilogramm. Nicht verwunderlich, dass der Unerschrockene auch als Gleiter bekannt ist, darum hat er wohl den ersten Podestplatz auch in Chamonix (Sieger: Kitz-Rekordler Didier Cuche) gefeiert. In Kitzbühel aber hat der Südtiroler aus Meran die Skiwelt auf den Kopf gestellt. Nicht ganz überraschend, aber es ist ihm gelungen, eine ideale Linie zu finden. Während der Meraner beim Training noch so seine Probleme mit den Sprüngen hatte, wurde das Rennen zur goldenen Schussfahrt. An seine Zeit kam auch der Kanadier Erik Guay nicht heran. Aber der WM-Titelverteidiger wird immer schneller.

Dominik Paris hat die Österreicher, die seit Michael Walchhofers Triumph 2006 im Abfahrtsklassiker sieglos sind, düpiert. Er stürzte sich auf den Spuren des legendären Kristian Ghedina zu Tale, auf einen Hundertstelkrimi wie in Bormio verzichtet er diesmal allerdings. Paris hat erst vor wenigen Wochen die vielleicht zweitschwierigste Abfahrt gewonnen – zeitgleich mit Hannes Reichelt.

„Der Traum jedes Abfahrers“, sagt das Kraftpaket aus Meran. „Ich habe mir gedacht, ich muss Vollgas geben – das ist mir gelungen. Jetzt, wo ich Erster bin, kann ich es kaum glauben. Es ist unglaublich.“ Dass er nun auch als Favorit für die Abfahrt bei der Weltmeisterschaft in Schladming gehandelt wird, das ist ihm so ziemlich einerlei. „Kann sein, dass ich auch dort gut fahre. Aber jetzt muss ich einmal diesen Triumph genießen und am Sonntag die Kombination bestreiten. Dann schau ma mal, wie's in Schladming so läuft.“ Bierruhe nennt man das wohl, Fußballkaiser Franz Beckenbauer hätte es nicht treffender formulieren können. Trotz Adrenalinrausch.
Für die meisten Österreicher war es aber ein Rennen im Rennen. In der letzten Abfahrt vor der WM spitzte sich der Kampf um die letzten Tickets für Schladming zu. Hannes Reichelt konnte es ruhiger angehen, obgleich der Super-G völlig schiefgegangen war. „Aber die Hauptsache ist, dass ich die Heimreise gesund antreten kann“, sagt der Salzburger. „Kitz ist immer eine Gratwanderung.“ Und der Druck, ausgerechnet daheim erfolgreich zu sein, der sei enorm. „Wobei“, Reichelt scherzte, „Südtirol ja eh fast zu Österreich gehört.“ Er selbst verfüge jetzt über so viel Selbstvertrauen, dass er auch auf einen WM-Start im Super-G hoffe.

Das Abfahrtsticket in der Tasche hat neben Kröll und Reichelt auch Max Franz als Fünfter. Georg Streitberger wurde Achter, Romed Baumann 14. Eine Qualifikation in Schladming ist wahrscheinlich.

Ergebnis der Kitzbühel-Abfahrt:

1. Dominik Paris ITA 1:57,56
2. Erik Guay CAN 1:57,69
3. Hannes Reichelt AUT 1:57,92
4. David Poisson FRA 1:58,16
5. Max Franz AUT 1:58,17
6. Klaus Kröll AUT 1:58,29
7. Kjetil Jansrud NOR 1:58,45
8. Georg Streitberger AUT 1:58,57
9. Aksel Lund Svindal NOR 1:58,72
10. Manuel Osborne-Paradis CAN 1:58,79
11. Werner Heel ITA 1:58,81
12. Siegmar Klotz ITA 1:58,82
13. Adrien Theaux FRA 1:58,94
14. Romed Baumann AUT 1:59,01
15. Patrick Küng SUI 1:59,10
16. Matthias Mayer AUT 1:59,21
17. Benjamin Thomsen CAN 1:59,23
18. Jan Hudec CAN 1:59,24
19. Travis Ganong USA 1:59,32
20. Christof Innerhofer ITA 1:59,48
21. Carlo Janka SUI 1:59,52
22. Guillermo Fayed FRA 1:59,74
23. Marco Sullivan USA 1:59,75
24. Matteo Marsaglia ITA 1:59,83
. Didier Defago SUI 1:59,83
26. Joachim Puchner AUT 1:59,89
27. Brice Roger FRA 2:00,05
28. Stephan Keppler GER 2:00,23
29. Tobias Grünenfelder SUI 2:00,41
30. Ivica Kostelic CRO 2:00,53

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2013)

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