Mit Mikroorganismen Energie speichern

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Mittels Power-to-Gas kann Energie längerfristig gespeichert. Dabei wird auch der Einsatz von sogenannten Archaeen getestet.

Kennen Sie Archaeen? Archaeen sind die Hartgesottenen unter den Ur-Organismen – und mit ihnen kann grünes Gas produziert werden. Archaeen besiedeln extreme ökologische Nischen, wie beispielsweise hydrothermale Quellen am Grund der Tiefsee, aber einzelne Stämme dieser Mikroorganismen sind auch Teil der biologischen Kaskade, die in Biogasanlagen aktiv ist, um dort CO2 als Kohlenstoffquelle und Wasserstoff von anderen Kulturen zu übernehmen und Methan zu bilden, wie das im Power-to-Gas-Verfahren der Fall ist. Diese Möglichkeit untersuchen Energieexperte Benedikt Hasibar und sein Team vom Energiespeicherunternehmen RAG Austria AG, die sich den Heißhunger von Archaeen zunutze machen wollen.

Benedikt Hasibar, Energieexperte bei RAG Austria AG
Benedikt Hasibar, Energieexperte bei RAG Austria AG

„Die Archaeen, die schon vor Millionen Jahren das Erdgas, das ursprünglich in der Lagerstätte war, produziert haben, können aus Wasserstoff und CO2 wieder Methan (CH4) erzeugen“, sagt Hasibar. Methan als Hauptbestandteil von Erdgas bietet den großen Vorteil, dass die bereits vorhandene Erdgas-Infrastruktur verwendet werden könnte. Zusammen mit der Universität für Bodenkultur in Wien habe man in den letzten Jahren diesen Umwandlungsprozess theoretisch und technisch untersucht, also wie die optimalen Verhältnisse sein müssten, damit aus dem Wasserstoff und dem CO2 Methan gemacht wird.

Forschungsspeicher in Oberösterreich

In Pilsbach in Oberösterreich in einem „kleinen Forschungsspeicher“, der immerhin eineinhalb Kubikmeter Gas fasst, wird der Vorgang umgesetzt. „Dort führen wir CO2 und Wasserstoff ein und holen das Gas nach ein paar Wochen oder Monaten als Methan wieder heraus“, sagt Hasibar. Trotz Forschungs- bzw. Versuchsstadium landet das Gas bereits direkt im Erdgasnetz. So wird bereits seit einigen Jahren in Pilsbach grünes Gas produziert, das auch schon ins Netz gespeist wird. Den Vorgang machen die natürlich vorkommenden Mikroorganismen möglich. „Die warten seit Millionen Jahren darauf, gefüttert zu werden. Alles, was an anorganischen Stoffen zu ihnen kommt, verspeisen sie. Füttert man sie nun mit Wasserstoff und CO2, starten sie erst richtig durch und produzieren Methan“, erklärt Hasibar. „Die Archaeen sind an die herrschenden Umgebungsparameter wie Druck, Temperatur oder Salzgehalt gewohnt und können dort super leben und arbeiten. Nun geht es darum, den Vorgang zu optimieren, damit sie noch schneller und besser produzieren“, hofft Hasibar auf größere Ausbeute.

Kohlenstoff-Kreislauf

Das Gas, das von einer 0,5-Megawatt-Elektrolyseanlage an die Organismen im Forschungsspeicher geschickt wird, kommt von einem Wasserkraftwerk in der Nähe. Das Forschungsteam möchte einen Kreislauf schaffen: „Grundsätzlich ist das gesellschaftliche Ziel, kein zusätzliches CO2 in die Atmosphäre zu schicken, um dem Klimawandel entgegenzutreten. Wenn man Methan für manche Industrieanwendungen braucht, ist es sinnvoll, den Kohlenstoff, der sonst in die Atmosphäre und in die Biosphäre kommt, in einen Kreislauf zu schicken“, so Hasibar. Das Kohlendioxid, das für die Methanentstehung benötigt wird, wird in Zukunft von einer nahegelegenen Biogasanlage der Energie AG in Oberösterreich abgeholt, in deren Anlage sowohl Methan als auch CO2 entstehen. Das CO2 wird dann in die Demonstrationsanlage geschickt, aus dem die Mikroorganismen wiederum erneuerbares Methan machen, das dann in die Industrie zurückfließen könnte, um dort genutzt zu werden: „Im Idealfall entsteht daraus ein stabiler Kreislauf, wodurch kein zusätzliches CO2 in die Atmosphäre abgeworfen wird“, erklärt Hasibar den Prozess. Ab diesem Sommer soll dieser Kreislauf in einem ersten Projekt zusammen mit der Voestalpine Wirklichkeit werden. Denn die Voestalpine untersucht die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten von gespeicherten Wasserstoff in der Stahlindustrie. Dieses Projekt könnte einen großen Nutzen für die grüne Stahlproduktion haben und ist eine wichtige Innovation für den Klimaschutz.

Das Hauptgeschäft der RAG ist die Energiespeicherung, in Zukunft sollen auch Speichermöglichkeiten für erneuerbare Gase angeboten werden. Nun hängt es davon ab, ob solche Systeme auch angenommen werden.

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