Wenn Abfall zum wertvollen Rohstoff wird

© Digi-Cycle GmbH, Martina Majland
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Die Abfallwirtschaft rückt in den Fokus der industriellen Materialbeschaffung, denn aus recyceltem Müll werden wertvolle Sekundärrohstoffe gewonnen. Vor allem bei Kunststoffverpackungen gibt es noch reichlich Potenzial.

In einer Wegwerfwirtschaft werden Rohstoffe gewonnen, verarbeitet und für einen einzelnen bestimmten Zweck verwendet, um dann deponiert oder bestenfalls noch thermisch recycelt zu werden. Die auch als Linearwirtschaft bezeichnete Form des Ressourcenverbrauchs bedeutet, dass wir bis 2050 zwei weitere Erden brauchen, um unseren Bedarf decken zu können. Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft oder Circular Economy soll deshalb in den nächsten Jahren stark gefördert werden. Indem mehr Sekundärrohstoffe gewonnen werden, kann die Abhängigkeit von Rohstoffen aus dem Ausland reduziert und Mängel in den Ressourcen- und Wertschöpfungsketten behoben werden. Das wirkt sich auch positiv auf das europäische Wirtschaftswachstum aus. 

Großes Potenzial bei Kunststoff

Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, Materialien so lang wie möglich wiederzuverwerten, aus Müll wertvolle Rohstoffe zu gewinnen und einen sich weitestgehend selbst fütternden Zyklus entstehen zu lassen. Im Hinblick auf den Ressourcenmangel, steigende Rohstoffpreise und Lieferschwierigkeiten bekommt Müll eine neue Bedeutung in der EU – und innerhalb Österreichs. „Die EU gibt bis 2025 eine Reihe von Recyclingzielen vor, die Österreich beispielsweise für Verpackungen aus Papier, Glas und Metall bereits heute erreichen kann. Beim stofflichen Recycling von Kunststoffverpackungen gibt es noch Potenzial, hier muss das Recycling bis 2025 nahezu verdoppelt werden, um die Ziele des EU-Kreislaufwirtschaftspaketes zu erreichen“, erklärt Felix Badura, Geschäftsführer der Digi-Cycle Gmbh, einer App, die digitales Recyceln möglich machen möchte und im Schritt-für-Schritt-Verfahren erklärt, welches Produkt wie und wo entsorgt werden kann. 

Pfandrücknahme mittels QR-Code

Das Kreislaufwirtschaftspaket der EU und deren Vorgabe, dass die PET-Getränkeflaschen-Sammelquote bis 2029 bei 90 Prozent liegen soll, war 2021 Anstoß für die Gründung und entstand aus einem Gemeinschaftsprojekt des Sammel- und Verwertungssystems ARA (Altstoff Recycling Austria) und des Entsorgungsunternehmens Saubermacher AG. Damals wurden im Rahmen eines Projekts mit Partnern wie Coca-Cola, Red Bull oder Vöslauer getestet, inwieweit eine digitale Form der Pfandrücknahme von Einweggetränkeverpackungen mittels QR-Code von österreichischen Haushalten angenommen werden würde. Daraus entstand das Projekt Digi-Cycle. Die ARA und Saubermacher AG halten je 50 Prozent an dem Unternehmen. Während das Kerngeschäft der ARA als Non-Profit-Unternehmen organisiert ist, soll Digi-Cycle Gewinne einfahren. Gestartet wurde das Unternehmen zwar in Österreich, doch das Ziel wäre ein europaweites Roll-out. 

Erst vor wenigen Wochen wurde von der EU im Critical Raw Materials Act die Sicherstellung der Versorgung der europäischen Wirtschaft mit kritischen Rohstoffen nochmals nachgeschärft. Ein klar definierter Anteil, der Abbau, Verarbeitung und Verwertung betrifft, muss innerhalb der Europäischen Union stattfinden. Das Recycling gewinnt dadurch an Bedeutung und kann einen Beitrag zur Ressourcenverfügbarkeit leisten. „Die geopolitischen Herausforderungen der letzten Jahre haben klar gezeigt, wie kritisch die Abhängigkeit von einzelnen Handelspartnern bei der Beschaffung von Rohstoffen sein kann. Hier bietet die Kreislaufwirtschaft eine gute Alternative, um seine Selbstständigkeit zu erhöhen“, meint Badura.  In Europa gibt es laut Europäischer Kommission jährlich Kunststoffabfall in der Höhe von 25,8 Millionen Tonnen, von denen rund ein Drittel auch tatsächlich recycelt wird. Das hat Auswirkungen auf Natur und Wirtschaft.

Zielvorgabe bis 2030

Die Zielvorgabe hat die bisherige Recycling-Berechnungsmethode insofern verändert, als dass es nunmehr um eine stoffliche Verwertung eines Kunststoffs geht. Die rein thermische Verwertung ist nicht mehr ausreichend: „Früher wurde die Recyclingquote anhand des Inputs in die Sortieranlage berechnet, entsprechend einer neuen EU-Berechnungsmethode ist nun der Output entscheidend“, erklärt Badura. Nach dem Trennungs- und Aufbereitungsprozess entsteht ein Recycling-Granulat, das wieder neu in den Kreislauf zurückgeschickt werden kann. Bis 2030 sollen alle auf dem EU-Markt in Verkehr gebrachten Kunststoffverpackungen wiederverwendbar sein oder kosteneffizient recycelt werden können. Nicht recycelbare Stoffe sollen aus Verpackungen verbannt werden. Vor diesem Hintergrund ist es auch notwendig, die Aufbereitung und Verarbeitung von recycelten Kunststoffen durch bessere Sammlung und Sortierung von Kunststoffabfällen zu fördern.

Beim Produktdesign ansetzen

Damit ein Verwertungskreislauf entstehen kann, muss schon bei der Entstehung des Produkts angesetzt werden. „Das Design ist für den Recyclingprozess eine Schlüsselbedingung, damit es überhaupt klappen kann. Aktuell stellen viele Hersteller beispielsweise Verpackungen mit schwierig zu verwertenden Verbundfolien, die aus mehreren Kunststoffarten bestehen, auf Verpackungen aus Monomaterial um, die lediglich aus einem Kunststoff bestehen“, so Badura. Damit könne anschließend die Ausbeute im Recyclingprozess gesteigert werden. Für eine Reihe von Schlüsselsektoren wie Batterien, Textilien, elektronische Produkte und im Bauwesen ist außerdem die Einführung eines digitalen Produktpasses geplant, der für Transparenz im Lebenszyklus eines Produkts sorgen soll. Dieser Pass soll Informationen vom Rohstoff bis zum Recycling enthalten.

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