Design-for-Recycling in der Autobranche

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Wie Digitalisierung mit Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen kann, zeigt sich in der Autobranche bei Sustainable Design.

Die Minimierung des ökologischen Fußabdrucks von Fahrzeugen beginnt beim Produktdesign. Experten schätzen, dass 80 Prozent der Umweltauswirkungen eines Produkts mit Entscheidungen verbunden sind, die in der Designphase getroffen werden. „Wir müssen unsere Fahrzeuge vom ersten Tag der Entwicklung an nachhaltig gestalten, den Materialeinsatz reduzieren und vor allem Wiederverwendung und Recycling von Anfang an einplanen. Angesichts steigender Rohstoffpreise ist dies nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein wirtschaftliches Gebot“, bestätigt Oliver Zipse, Vorsitzender des Vorstands der BMW AG. Das passende Schlagwort bei Lebenszyklusanalysen, die Umwelteffekte miteinbeziehen, lautet Design-for-Recycling. DfR steht dafür, dass bereits bei der Produktgestaltung und -entwicklung Demontagestrategien, die Rückgewinnung von Rückständen, Recycling und Wiederverwendung berücksichtigt werden. Autohersteller sind gefordert, eine Strategie für die Verarbeitung am Ende des Lebenszyklus zu entwerfen und Prozesse zu schaffen, die eine maximale Verwertung garantieren.

Die Nutzung digitaler Technologien spielt dabei eine zentrale Rolle, Stichwort digitaler Zwilling. Die Automobilindustrie bietet sich als quasi idealer Vorreiter für den Einsatz von Digital Twins an. Die Kosten für den Prototypenbau sind ebenso hoch, wie der Wettbewerb für Funktionalität, Preis und Qualität des Endproduktes ausgeprägt ist. „Hohe Stückzahlen bei gleichzeitig hoher Produktvariabilität machen die Datendurchgängigkeit notwendig und der Aufwand für die Erstellung der digitalen Zwillinge amortisiert sich schnell“, sagt Michael Freyny, Leiter Digital Industries im Lead Country Austria der Siemens AG Österreich.

Digitaler Zwilling, ganzheitlich gedacht

„In der Automobilindustrie ist der digitale Zwilling das exakte virtuelle Modell eines Fahrzeugs oder einer Produktionsanlage. Er bildet ihre Entwicklung entlang des gesamten Lebenszyklus ab und erlaubt den Betreibern die Vorhersage des Verhaltens, die Optimierung der Performance und die Umsetzung von Erkenntnissen aus früheren Design- und Produktionsprozessen“, heißt es bei Siemens, dessen Konzept für das virtuelle Modell aus drei Ausprägungen besteht: dem digitalen Zwilling des Produkts, dem digitalen Zwilling der Produktion und dem digitalen Zwilling der Performance von Produkt und Produktion.

Der digitale Zwilling des Produkts umfasst dabei das komplette Auto, seine Software, Mechanik, Elektrik sowie das physikalische Verhalten. Dies ermöglicht die Simulation und Validierung jedes Entwicklungsschritts, um Probleme und mögliche Fehler zu erkennen, bevor die realen Teile hergestellt werden. Beispielsweise kann das physikalische Verhalten mit den 3-D-Daten des Produkts simuliert werden, um Materialverhalten, Luftfluss oder Hitzeentwicklung zu optimieren. Mechatronik, Elektronik, System-on-Chip und Embedded Software werden ebenfalls in der virtuellen Umgebung designt und simuliert. „Es geht darum, die Eigenschaften des Produktes vorab Produktion zu testen und zu verbessern. Das geht so weit, dass man den digitalen Zwilling Milliarden von verschiedenen Varianten durchprobieren lässt und dann nur jene Variante tatsächlich produziert, die die besten Eigenschaften hat“, erzählt Sebastian Israel, der u. a. die Agenden des Automobilbereichs bei der Siemens AG Österreich leitet.

Produktion und Performance

Der digitale Zwilling ermöglicht wiederum die Optimierung der Produktion, bevor diese noch beginnt. Vom Design des Layouts über die Visualisierung von Materialflüssen und Engpässen bis zur Simulation des SPS-Codes für die Automatisierungs-Hardware: Das alles führt zu einer virtuellen Inbetriebnahme, mit deren Hilfe neue Produktionslinien getestet und optimiert werden können. „Durch die Auswahl des notwendigen Equipments und das Design der Produktionszellen auf digitalem Weg wird es möglich, das Zusammenspiel aller Teile in einer Produktionszelle zu simulieren“, so die Siemens-Experten. Das schließt auch Aufgaben wie die Programmierung von Robotern für Schweißen und Handling sowie die Optimierung der Taktzeiten für hohe Produktionsleistungen ein.

Ist das Produkt schließlich hergestellt, möchte man wissen, was es im Laufe seines Lebens erlebt und wie es sich dabei verhält. Dies hilft dabei, es an die Markterfordernisse anzupassen, es laufend zu verbessern und damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber jenen zu generieren, die etwa nur aus Kunden-Reklamationen erfahren, dass ihr Produkt keine zufriedenstellende Leistung gezeigt hat. „Der digitale Zwilling der Performance sorgt dafür, Schritt für Schritt die Genauigkeit des digitalen Zwillings des Produktes und des digitalen Zwillings der Produktion zu verbessern“, so Freyny und Israel. „Er wird ständig mit Daten vom Produkt und von den Produktionsanlagen gefüttert, was zu neuen Erkenntnissen führt. Dank der Verbindung zu integrierten Automatisierungskomponenten generiert der Fertigungsbereich alle relevanten Daten, die dann in der Cloud analysiert werden.“ Das Zurückspielen aller Erkenntnisse entlang der gesamten Wertschöpfungskette erzeuge einen vollständig geschlossenen Entscheidungskreislauf, der die Produktion signifikant effizienter und somit nachhaltiger gestaltet.

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