Schrullig und pastellig

Tiktok- und Youtube-Trend: Kann man Wes Anderson so leicht kopieren?

Jason Schwartzman als melancholischer Witwer und Tom Hanks als dessen Schwiegervater sind nur zwei der vielen Stars in „Asteroid City“.
Jason Schwartzman als melancholischer Witwer und Tom Hanks als dessen Schwiegervater sind nur zwei der vielen Stars in „Asteroid City“. Universal Pictures
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Wes Anderson ist überall: Auf Tiktok und Youtube meinen viele, seine Ästhetik durchschaut zu haben. Mit seinem neuen Film „Asteroid City“ zeigt er, dass er noch zu überraschen weiß.

Eine verspielte Schrift auf hellblauem Grund: „Bei der Arbeit. ,Die Presse‘, Feuilleton-Redaktion. 12.49 Uhr.“ Zwischen Mineralwasserflaschen und sorgfältig gestapelten Zeitungen sitzt, mittig und starr in die Kamera schauend, eine Journalistin. Ein Blick aus der Vogelperspektive auf ihren Schreibtisch, wo eine Kaffeetasse, ein Notizblock, ein gespitzter Bleistift und eine Tastatur – pardon, natürlich eine Schreibmaschine – liegen. In perfekter Ordnung, nur der Bleistift liegt schief. Eine Hand schiebt sich ins Bild und rückt ihn zurecht. Dazu hört man liebliche Musik. Titel des imaginären Miniaturfilmchens: „You better not act like you're in a Wes Anderson movie when writing your article.“ Frei übersetzt: Jetzt tu nicht so, als wärst du in einem Wes-Anderson-Film, während du deinen Artikel schreibst.

Clips nach so ziemlich exakt dieser Formel machen seit Wochen auf Tiktok die Runde. Der Trend darf nicht verwundern: Die App zeichnet sich dadurch aus, dass sie bestimmte ästhetische Muster und Erzählformen unablässig kopiert, variiert und neu abmischt. Und dadurch, dass Banalitäten des Alltags gern zu kleinen humoristischen Szenen erhöht werden. Für beides sind die typischen Tableaus des amerikanischen Filmemachers eine dankbare Vorlage. Und so wimmelt es hier vor Videos, in denen Nutzer in angeblicher Wes-Anderson-Manier durch den Park spazieren, Schuhe kaufen gehen oder ihren Keller renovieren – all das in statischen, symmetrischen Aufnahmen (was im Tiktok-immanenten Hochformat freilich nicht ganz so wirkt), gehüllt in pastellige, hoch saturierte Farben und unterlegt mit der neobarock plätschernden Melodie von Alexandre Desplats „Obituary“ aus dem Soundtrack von Andersons Film „The French Dispatch“: die Welt, ein Puppenhaus.

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