Übernahme

Microsoft bangt um einen Megadeal

Activision produziert einen Spielebestseller nach dem anderen. Das macht das Unternehmen so attraktiv für eine Übernahme. 
Activision produziert einen Spielebestseller nach dem anderen. Das macht das Unternehmen so attraktiv für eine Übernahme. Reuters /Jonathan Alcorn
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Der Kauf des Spiele-Entwicklers Activision Blizzard liegt vorerst auf Eis. Die US-Kartellbehörde hat große Bedenken.

„Microsoft kauft Activision Blizzard, um die Freude und die Gemeinschaft des Spielens jedem zugänglich zu machen, auf jedem Gerät.“ So betitelte der US-Softwarekonzern die Bekanntgabe seiner Übernahme des Videospieleherstellers im Jänner 2022. Nach und nach zeigt sich jedoch, dass es für Microsoft wohl nicht ganz so einfach wird, den Gaming-Produzenten zu übernehmen. Denn der Deal liegt in den USA vorübergehend auf Eis. Ein Richter gab einem Antrag der US-Kartellbehörde FTC statt, die Übernahme per einstweiliger Verfügung zu stoppen.

Der Schritt sei notwendig, um den Status quo aufrechtzuerhalten, während die Klage der FTC anhängig sei, begründete US-Bezirksrichter Edward Davila am Dienstag seine Entscheidung. Eine Anhörung ist für kommende Woche angesetzt. Ohne die gerichtliche Verfügung hätte Microsoft das 69 Milliarden Dollar schwere Geschäft bereits vergangenen Freitag abschließen können. Die FTC und auch Activision wollten sich zu diesem Thema nicht äußern. Microsoft bezeichnete die einstweilige Verfügung bis zu einer endgültigen Klärung der Frage als sinnvoll.

Kartellbehörden uneins

Die US-Kartellwächter hatten im vergangenen Dezember gegen die Übernahme geklagt. Auch eine Gruppe von Online-Gamern will den Kauf per Gerichtsbeschluss verhindern. Sie befürchten eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs, wenn Microsoft Activision-Spieleklassiker wie „Call of Duty“ nicht mehr für Konkurrenten wie Sony oder Nintendo freigibt. Microsofts Spielekonsole Xbox konkurriert mit der PlayStation und der Switch der beiden japanischen Firmen. Microsoft-Präsident Brad Smith hatte in der Vergangenheit erklärt, dass es weder realistisch noch machbar sei, ein bestimmtes Spiel oder einen Teil von Activision auszugliedern und vom Rest der Firma zu trennen.

Auf Widerstand stößt Microsoft auch bei der britischen Kartellaufsicht CMA. Sie verbot trotz geplanter Zugeständnisse die Übernahme, weil sie den wachsenden Markt für Cloud-Spiele verändern würde. Hier gehören der Grafikchip-Spezialist Nvidia oder der Internetkonzern Google mit ihren Plattformen zu den großen Anbietern. Doch auch Microsoft spielt eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zu den angelsächsischen Behörden reichten der EU die angebotenen langfristigen Lizenzverträge, um dem Activision-Deal grünes Licht zu geben.

Für Microsoft ergäbe der Deal mit Activision logischerweise großen Sinn. Nicht nur, weil man seit 2001 mit der Xbox eine eigene Spielekonsole auf dem Markt hat. Sondern auch weil der Konzern einen eigenen Softwarebereich betreibt, der sich nur um die Herstellung und den Vertrieb von Computerspielen kümmert. Mit der Übernahme des kalifornischen Unternehmens sollte dieser Geschäftszweig deutlich aufgewertet werden.

Hinzu kommt, dass Microsoft einen relativ guten Zeitpunkt erwischt hat, um bei dem Unternehmen zuzuschlagen. Denn kurz vor Bekanntgabe der Übernahme im Jahr 2022 wurde Activision von einem Skandal rund um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und Diskriminierung erschüttert. Das ließ den Aktienkurs binnen weniger Monate um rund 40 Prozent abstürzen. Seither ist der Kurs wieder um 25 Prozent gestiegen.

Activision kann auch so leben

Für Activision läuft es derzeit jedenfalls rund. Erst zu Beginn dieser Woche teilte das Unternehmen mit, dass sein neuer Kassenschlager, „Diablo IV“, allein in den ersten fünf Tagen 666 Mio. Dollar einspielen konnte. Kein anderes Spiel des Unternehmens habe sich zu Beginn so gut und so schnell verkauft. „Diablo IV“ wurde erst am 6. Juni regulär veröffentlicht, seither saßen die Gamer dieser Welt bereits 276 Millionen Stunden davor – was einem Zeitraum von 30.000 Jahren entspricht. Mit 9,5 Millionen verkauften Einheiten sei „Diablo IV“ auf dem besten Weg, seinen Vorgänger „Diablo III“ zu übertreffen, lautet die Einschätzung der Analysten Nick McKay und Michael Pachter von Wedbush. Sie prognostizieren, dass Activision es schafft, „Diablo IV“ heuer 20 Millionen Mal zu verkaufen.

Weshalb ein Scheitern des Microsoft-Deals wohl auch kein Beinbruch für den Spielehersteller sein dürfte, so die Mutmaßung. Zumindest dann nicht, wenn es dem Unternehmen weiterhin gelingen sollte, Bestseller dieser Art in den Äther zu schicken. Und damit hat Activision durchaus Erfahrung. Immerhin gilt sein „World of Warcraft“ mit einem erzielten Umsatz von weit über zehn Milliarden Dollar als das erfolgreichste Spiel der Geschichte. (ag./nst)

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