Griechenland

Tragödie vor Peloponnes: Dutzende Migranten ertrunken

Einige der Geretteten in Kalamata.
Einige der Geretteten in Kalamata. Reuters/STELIOS MISINAS
  • Drucken

Es ist eines der schwersten Unglücke im Mittelmeer: Dutzende Flüchtlinge starben, als das Boot unterging, auf dem Schiff befanden sich Hunderte Menschen.

Bei einem schweren Bootsunglück vor der griechischen Küste sind Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Am Mittwoch in den frühen Morgenstunden kenterte nach Angaben der griechischen Küstenwache 47 Seemeilen südwestlich der griechischen Hafenstadt Pylos auf der Peloponnes ein Flüchtlingsschiff mit Hunderten Passagieren an Bord. Bis zum frühen Nachmittag waren 78 Tote geborgen und 104 Menschen gerettet worden. Es wird befürchtet, dass die Zahl der Toten noch erheblich steigen könnte.

Nach Angaben der Küstenwache war das Schiff am Dienstag von einem Flugzeug der europäischen Grenzpolizei Frontex lokalisiert und von Patrouillenbooten der griechischen Küstenwache begleitet worden. Auch die Hilfsorganisation Alarm Phone berichtete über Twitter von einer Kontaktaufnahme mit dem Schiff. Es habe Wasser genommen und sei nicht mehr manövrierfähig gewesen.

Wie viele Passagiere an Bord waren, war am Mittwochnachmittag noch unklar. Überlebende sprachen nach Angaben des Regionalchefs der Peloponnes, Panagiotis Nikas, von 750 Passagieren. Ausgangshafen war nach noch unbestätigten griechischen Medienberichten der libysche Hafen Tobruk, Ziel die italienische Küste. Der Standort des Schiffes war in internationalen Gewässern, gehört aber zum griechischen Verantwortungsbereich bei Seenotfällen. An der Rettungsaktion waren die griechische Küstenwache, die griechischen Streitkräfte und private Schiffe beteiligt, die Geretteten wurden vorläufig in der Hafenstadt Kalamata versorgt. Die Passagiere stammen nach ersten Berichten vor allem aus Ägypten, Pakistan und Syrien. Vier der Geretteten wurden mit einem Super Puma der griechischen Armee zur Notversorgung in ein Krankenhaus geflogen.

Vorwürfe an Küstenwache

Nach Angaben der griechischen Küstenwache wurde das Schiff gestern, Dienstag, mit Wasser versorgt, weitere Hilfe sei jedoch abgelehnt worden – die Insassen hatten die Fahrt Richtung Italien fortsetzen wollen, so die Küstenwache.

Koordiniert wurde die Hilfe von griechischer Seite von der Übergangsregierung von Ioannis Sarmas. Nach den griechischen Parlamentswahlen vom 21. Mai hatte es keine regierungsfähige Mehrheit gegeben, am 25. Juni werden Neuwahlen durchgeführt. Die größten griechischen Parteien haben Vertreter nach Kalamata geschickt, wo auch die griechische Staatspräsidentin, Katerina Sakellaropoulou, erwartet wurde.

Die konservative Regierung unter Kyriakos Mitsotakis hatte seit 2019 die Kontrollen in den Gewässern der Ägäis stark verschärft, um eine unkontrollierte Einreise von Flüchtlingen und Migranten zu verhindern. Ministerpräsident Mitsotakis wollte klarstellen, dass auch Seegrenzen „geschützt werden können“. Immer wieder wird der griechischen Küstenwache allerdings vorgeworfen, illegale Pushbacks, also Rückschiebungen, vorzunehmen, ohne die Möglichkeit für die Menschen, einen Asylantrag zu stellen.

Der für die Küstenwache zuständige Marineminister, Ioannis Plakiotakis, hatte wiederholt eingeräumt, dass es das gute Recht Griechenlands sei, seine Hoheitsgewässer zu schützen, also Schiffe an der Einfahrt in griechische Hoheitsgewässer zu hindern. Mit Stolz vermeldete die Regierung jedenfalls vor den Wahlen am 21. Mai, dass sich die Zahl der Illegalen in Griechenland in den letzten Jahren drastisch vermindert hat.

Die Routenplanung der internationalen Schlepperringe hat sich den neuen Gegebenheiten angepasst. Anstatt wie 2015/2016, als etwa eine Million Migranten und Flüchtlinge die Ägäis Richtung Griechenland durchquerten – wobei die meisten von der Türkei aus mit Schlauchbooten die nahen griechischen Inseln erreichten – werden die ostägäischen Inseln nun häufig „umschifft“, mit Ziel Italien. Diese Route ist durch Schiffbrüche mit zahlreichen Toten in den westlichen Kykladen, vor allem aber vor Kythera und Antikythera südlich der Peloponnes, zu lokalisieren. Die weite Fahrt birgt zusätzliche Risiken. Eine andere Route verläuft von der westafrikanischen Küste unter Umfahrung der von Kreta nach Italien, diesen Weg dürfte das nun gesunkene Schiff genommen haben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.