Wiener Innenstadt

Der Michaelerplatz wird „entrumpelt“ und begrünt

So soll der Michaelerplatz künftig aussehen.
So soll der Michaelerplatz künftig aussehen.ZOOM visual project gmbh
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Der Platz vor der Hofburg wird mit Bäumen, Bänken und Wasser neu gestaltet und dabei barrierefrei gemacht. Weitere Kooperationen mit Privaten in der Innenstadt lehnt die Stadt ab.

Im Jahr 2018 war der Wunsch zum ersten Mal aufgetaucht: Und jetzt der Michaelerplatz, hieß es, nachdem die Umgestaltung der Herrengasse in eine Begegnungszone abgeschlossen war.

Beklagt wurde vor allem die „Buckelpiste“, wie es Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) formuliert. Menschen mit Kinderwagen, Rollstuhl oder Fahrrad hatten auf dem prominenten Platz zwischen Hofburg und Kohlmarkt kein leichtes Spiel. Zumal sich in den Lücken zwischen dem unebenen Kopfsteinpflaster oft auch noch Wasser und Urin des Fiakerstandplatzes zu sammeln pflegten. „Wer schon einmal im Sommer über den Platz gegangen ist“, sagt Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ), „kann ein Lied davon singen, wie das an heißen Tagen riecht.“

Beete und ein Wasserspiel

All diese Leiden sollen bald Geschichte sein, der Platz wird, nicht zuletzt auf Betreiben der Anrainerplattform Michaelerplatz plus, „entrumpelt“, umgestaltet und „klimafit“ gemacht. Mit Natursteinpflaster und „XL-Bäumen“, mit Hochtrögen, Pflanzbeeten und einem Wasserspiel dort, wo man nichts pflanzen kann. Dazu kommen Sitzgelegenheiten und Trinkbrunnen. Planung, die leichter klingt, als sie war. „Wir sind dauernd auf neue Sachen draufgekommen“, berichtet Sima.

Etwa darauf, dass sich unter dem Platz ein neun Meter hohes Gewölbe befindet, „das war vorher keinem klar, obwohl wir alle möglichen Untersuchungen gemacht haben“. In der Mitte des Platzes werden die Bäume nun „wie in einen Topf“ eingehängt und von unten gestützt. Berücksichtigt werden mussten auch die Sichtachsen – vor allem jene spektakuläre vom Kohlmarkt zur Michaelerkuppel. Und das sogenannte Hollein-Auge: jene Platzgestaltung des Architekten Hans Hollein, in dessen Zentrum sich die Ausgrabungen befinden – und die im Vorjahr mitten in den Planungen unter Denkmalschutz gestellt wurde. Nicht wegen der – eher unspektakulären – Ausgrabungen, sondern weil es sich um die „einzige postmoderne Platzgestaltung dieser Qualität“ in Österreich handle, heißt es seitens des Bundesdenkmalamts. Die Ausgrabungen werden also bleiben. Dürfen aber mit Gräsern bepflanzt werden.

Das sogenannte Hollein-Auge rund um die Ausgrabungen soll bleiben.
Das sogenannte Hollein-Auge rund um die Ausgrabungen soll bleiben.Clemens Fabry

Bleiben werden auch die Fiaker, die Zahl ihrer Standplätze wird allerdings reduziert: Künftig sollen je zwei links und rechts des Michaelertors stehen, alle weiteren sollen sich in der Schauflergasse anstellen. Der Boden in dem Bereich, wo die Pferde stehen, werde eigens betoniert, verfugt und mit einer Entwässerung versehen. Damit wird verhindert, dass sich Abwasser ansammelt bzw. den abschüssigen Platz Richtung Kirche und Kohlmarkt hinunterrinnt.

Naturstein, Gräser und Bänke: Visualisierung vom Michaelertrakt aus gesehen.
Naturstein, Gräser und Bänke: Visualisierung vom Michaelertrakt aus gesehen.ZOOM visual project gmbh

Verkehrstechnisch fällt die Fahrspur auf der Kohlmarkt-Seite weg, der Kohlmarkt selbst wird quasi verlängert. Damit entsteht auch eine Art Vorplatz für die Michaelerkirche. So, hofft Bezirksvorsteher Figl, soll der Platz in Zukunft besser als solcher funktionieren, sowohl für die Touristengruppen, die sich an diesem Tag im Schatten zwischen Kirche und Noch-Fahrbahn drängen, als auch für die Menschen, „die hier tatsächlich leben“. Man wolle jedenfalls keinen Eventort oder Rummelplatz schaffen, „sondern eine Flanierzone, einen Verweilort“.

Absage an weitere PPP-Projekte

Der Umbau beginnt schon jetzt mit Arbeiten im Untergrund, geplantes Bauende ist im November 2024. Die Kosten schätzt man derzeit – noch ohne detaillierte Ausschreibung – auf 8,5 Millionen Euro, davon 800.000 aus privater Hand, der Rest kommt aus dem Stadtbudget. Und: Es wird das letzte Projekt in Form einer solchen Public-private-Partnership (PPP) in der Wiener Innenstadt bleiben, weiteren Anliegen nach diesem Modell erteilten Sima und Figl eine Absage. Man wolle sich vorbehalten, selbst „festzulegen, welche Projekte in Angriff genommen werden“.

Konkret betrifft die Absage wohl ein kolportiertes Projekt von der Liliengasse zum Franziskanerplatz. Darin involviert: der Anwalt und Geschäftsmann Wolfgang Spitzy, der darin schon Erfahrung hat – von der Umgestaltung von Herrengasse, Petersplatz – und Michaelerplatz. Und der ebendort am Donnerstag gefehlt hat.

Zum Platz

Baulich umgibt den Michaelerplatz ein Gebäudeensemble, das von der Gotik bis ins 20. Jahrhundert reicht. Die aktuelle Platzgestaltung von Hans Hollein stammt aus dem Jahr 1992. Hintergrund waren damals schon eine Attraktivierung der Wiener Innenstadt und das Ziel, autofrei zu werden - zuvor war der Platz in den Siebzigern zum Ausgangspunk des sogenannten Innenrings, einer Art Stadtautobahn, geworden. Im Zuge der Neugestaltung in den Neunzigern fand eine archäologische Grabung statt, bei der die Idee entstand, einen Teil der Ausgrabungen sichtbar zu lassen und in eine Platzgestaltung einzubinden.

Das sogenannte Hollein-Auge verbindet laut Denkmalamt „das Motiv des urbanen Drehkreuzes, das es hier seit Jahrhunderten gibt, mit wesentlichen Sichtachsen und der Achse der sichtbar belassenen archäologischen Ausgrabung, die Hollein abgesenkt und über Stufen erreichbar fast bühnenartig inszeniert hat“. Die Gestaltung habe einen hohen künstlerischen Anspruch und sei von Hollein bis ins kleinste Detail durchgeplant. „Es ist die einzige postmoderne Platzgestaltung dieser Qualität, die wir in Österreich haben.“ 2022 wurde diese unter Denkmalschutz gestellt.

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