Nach dem Arabischen Frühling toben über Tunesien heftige Sommergewitter.
Es war das Land, in dem der sogenannten Arabische Frühling seinen Ausgang genommen hatte, aus dem die politische Frühlingsbrise weiter nach Libyen und Ägypten wehte. In Tunesien wurde nicht nur der Anstoß für eine „schöne neue arabische Welt“ gegeben. Das kleine Land schien von allen Umbruchsstaaten auch die besten Voraussetzungen dafür zu haben, dass nach der Revolution auf die Menschen tatsächlich eine bessere Zukunft wartet.
Tunesien steht mit dem Tourismus eine einträgliche Einnahmequelle zur Verfügung, der Bildungsstand der Bevölkerung ist höher als in anderen arabischen Ländern. Und Tunesiens islamistische Ennahda-Partei gab sich moderater als etwa Ägyptens Muslimbruderschaft, die ebenfalls bei den ersten freien Wahlen an die Macht gekommen ist.
Doch nun toben in Tunesien Straßenschlachten, die Kohabitation zwischen Islamisten und Säkularen in der Regierung ist Geschichte. Nach dem „Frühling“ ziehen nun auch über Tunesien heftige Sommergewitter. Es liegt in der Verantwortung seiner Politiker, ob danach die Sonne scheint oder das Land vom Arabischen Winter erfasst wird.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2013)