Amtsgeheimnis

Journalisten Handy abgenommen: Sorge um Pressefreiheit

Symbolbild: Der Journalist berichtete über Gelder, die ein Beamter im Klagenfurter Rathaus erhielt.
Symbolbild: Der Journalist berichtete über Gelder, die ein Beamter im Klagenfurter Rathaus erhielt.Robert Biedermann via www.imago-images.de
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Franz Miklautz berichtete über die hohen Bezüge eines Kärntner Spitzenbeamten. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft strafrechtlich gegen ihn. Journalistenorganisationen werten den Fall als „Angriff auf die Pressefreiheit“, das Justizministerium will den Fall prüfen.

Der „Kärntner Monat“ ist nicht in erster Linie für seine Enthüllungsstorys bekannt. Heimische Models sind auf dem Titelblatt des Hochglanzmagazins abgebildet, im Inneren des Heftes geht es meist um Reich und Schön am Wörthersee. Doch seit gut drei Jahren liest man im Heft regelmäßig Aufdeckergeschichten. Etwa über die undurchsichtigen Vorgänge rund um den Klagenfurter Flughafen. Oder darum, wer im Klagenfurter Rathaus erstaunlich viel Geld verdient. Ihr Autor: Der Investigativjournalist Franz Miklautz.

Gegen ihn ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Klagenfurt, wie gestern bekannt wurde. Die Ermittlungen wurden wegen eines „Beitrags zur Verletzung des Amtsgeheimnisses und Verletzung des Datenschutzgesetzes“ im Zusammenhang mit seinen beruflichen Tätigkeit aufgenommen, erklärte Behördensprecherin Tina Frimmel-Hesse. Gegen zwei weitere Personen wird als „unmittelbare Täter“ ermittelt.

Der Journalist hatte die Ermittlungen selbst auf seinem Nachrichten-Blog öffentlich gemacht: „Da die von mir geschriebenen Storys vollinhaltlich stimmen und man mich medienrechtlich nicht belangen kann, versucht es die Gegenseite nun mit dem Strafrecht“, schreibt er. Ihm seien elektronische Geräte abgenommen worden. „Die Beamten verhielten sich aber vorbildlich“, betont er. „Das Redaktionsgeheimnis, das meine Quelle schützt, wurde ausnahmslos akzeptiert.“ Die Polizei darf Handy und Laptop, die versiegelt wurden, vorerst nicht auswerten: Miklautz‘ Anwalt Peter Kasper hat Einspruch gegen die Sicherstellung eingelegt. Darüber entscheidet nun ein Gericht.

Hohe Überstunden, lukrative Provisionen

Worum geht es nun genau? Ermittelt wird insbesondere wegen eines Artikels, in dem Miklautz über die zahlreichen und gut bezahlten Überstunden sowie die Nebentätigkeiten eines hohen Beamten im Klagenfurter Rathaus berichtet hat. Außerdem wegen eines Artikels, in dem es um lukrative Provisionen für einen Politiker ging. Es seien Dinge präsentiert worden, die „nur unter Verletzung des Amtsgeheimnisses“ in Erfahrung gebracht werden hätten können, lautet nun der Vorwurf.

Eine Kernfrage lautet, ob Miklautz die Informationen, die dem Amtsgeheimnis unterliegen, unaufgefordert erhalten hat oder oder nicht: „Wenn ich bloß von jemandem Informationen erhalte – unaufgefordert – habe ich mich an keinem strafbaren Verhalten beteiligt“, erklärt der Medienanwalt Peter Zöchbauer. Anders könnte der Fall bewertet werden, wenn der Journalist um die Akten gebeten hat: Das könne möglicherweise als Anstiftung zum Amtsmissbrauch und damit als strafbare Handlung gewertet werden.

Miklautz‘ Anwalt: „Jegliches Indiz fehlt“

Miklautz‘ Anwalt Peter Kasper zufolge werde wegen zweier möglicher Delikte ermittelt: Beitragstäterschaft zur Verletzung des Amtsgeheimnisses und Bestimmungstäterschaft zur Verletzung des Amtsgeheimnisses. Wenn der Journalist einen Beamten aufgefordert hätte, dem Amtsgeheimnis unterliegende Akten zu übermitteln, wäre das Bestimmungstäterschaft – „dafür fehlt aber im Akt jegliches Indiz“, so Kasper. Ihm zufolge wurden zwei Beamte des Rathauses wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch suspendiert. Diese hätten aber ausgesagt, dass sie Miklautz nicht kennen und keinen Kontakt zu ihm hatten. In der Frage, wie der Journalist an seine Informationen gekommen sei, könne er sich jederzeit auf das Redaktionsgeheimnis berufen. Einvernommen wurde Miklautz bisher nicht.

Für seinen Anwalt ist das Vorgehen, dass man einem Journalisten die Gerätschaften, die er für seine Arbeit brauche, abnehme, jedenfalls „nicht verhältnismäßig“.

Justizministerium will Fall prüfen

Der Verein der Chefredakteur:innen und der Presseclub Concordia kritisieren das Vorgehen der Kärntner Staatsanwaltschaft. Das Vorgehen der Justiz sei ein „Anschlag auf die Pressefreiheit“ und Redaktionsgeheimnis, rote Linien würden hier überschritten, teilten der die Journalistenvereinigungen mit. Von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) fordern sie eine rasche Prüfung der Causa. Die Journalistenvertreter wiesen im Zusammenhang mit der Causa auch auf die Dringlichkeit eines Informationsfreiheitsgesetzes hin.

Aus dem Büro der Justizministerin heißt es dazu: „Die Pressefreiheit ist ein unumstößliches Grundprinzip unserer demokratischen Ordnung.“ Redaktionsgeheimnis und Pressefreiheit müssten von den Staatsanwaltschaften in jedem Fall geachtet und die Pressefreiheit müsse geschützt werden. Das Ministerium habe unmittelbar nach Bekanntwerden des Falles einen dringenden Berichtsauftrag erteilt, um die Sach- und Rechtslage zu prüfen.

Presserat: Hier soll Journalist eingeschüchtert werden“

Kritik am Vorgehen der Staatsanwaltschaft kommt aus der Medienbranche wie der Politik. „Hier soll ein offenbar ein Journalist mit staatlichen Zwangsmaßnahmen eingeschüchtert werden. Dies ist ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit, zumal das Redaktionsgeheimnis auch nicht über das Strafrecht aushebelt werden darf“, sagt Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek.

„Das Redaktionsgeheimnis wird mit Füßen getreten, Journalismus kriminalisiert“, schreibt „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk auf Twitter. „Da Miklautz auch gelegentlich für den ,Falter‘ schreibt, sehen wir die Aktion auch als Anschlag auf das Redaktionsgeheimnis des ,Falter‘.“ Bastian Obermayer, einer der Ibiza-Video-Aufdecker schreibt: „Das ist unfassbar“.

„Ein Journalist soll sich also strafbar gemacht haben, weil er - korrekt - über ein Amtsgeheimnis berichtet. Undenkbar, dass das juristisch hält“, meint „ZiB 2“-Moderator Armin Wolf.

Massive Kritik äußerte auch die internationale Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF), die jährlich einen Pressefreiheitsindex herausgibt. „Die Vorgehensweise ist ein extremer Schlag gegen die Pressefreiheit. Wenn das Schule macht, müssen sich alle Journalisten fragen, ob sie künftig noch Informationen bekommen“, sagte RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell. „Es schreit danach, dass endlich das Informationsfreiheitsgesetz umgesetzt und das Amtsgeheimnis abgeschafft wird.“

Klagenfurter Vizebürgermeister verteidigt Journalisten

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gab zwar selbst kein Statement ab, sein Pressesprecher Andreas Schäfermeier erklärte aber. „Es ist zu hoffen und zu erwarten, dass die Staatsanwaltschaft sich der Bedeutung der Pressefreiheit sehr genau bewusst ist und die entsprechende Sensibilität walten lässt. Jedenfalls ist das öffentliche Scheinwerferlicht sehr genau auf die Staatsanwaltschaft gerichtet“.

Auch der Klagenfurter Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) meldete sich zu Wort: „Auch wenn ich seine Einschätzungen nicht immer teile und mehr als einmal Ziel seiner kritischen Berichterstattung war, muss ich eines festhalten: Für Franz Miklautz steht sein Berufsethos als Journalist über allem, nur wenige KollegInnen können ihm diesbezüglich das Wasser reichen. Die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft, die de facto dazu führt, dass Franz Miklautz seiner Tätigkeit als Investigativjournalist nicht mehr nachgehen kann, ist demokratiepolitisch mehr als bedenklich.“ Neos-Parteichef Janos Juvan sprach von einem „Skandal“ und von einem „neuen ,Stil‘ der massiv an Orbans Ungarn erinnert“.

„Kärntner Monat“: „Lassen uns nicht einschüchtern“

Für den „Kärntner Monat“ ist Miklautz „seit Jahren ein geschätzter und loyaler Mitarbeiter. Seine Recherchen sind fundiert, gut und vor allem stets legal und abgesichert. Das haben wir in unserer jahrelangen Zusammenarbeit schon mehrmals betont und bewiesen“, schreibt der „Kärntner Monat“ auf Facebook. „Weder der ,Kärntner Monat‘ noch Franz Miklautz werden sich von Ermittlungen einschüchtern lassen“. (her/APA)

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