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Salzburger Festspiele 2023

Zauberhafte Wirklichkeit des Theaters

Salzburgs Festspielgründer. Max Reinhardt bei den Proben zu Goethes Faust im Jahr 1936. 
Salzburgs Festspielgründer. Max Reinhardt bei den Proben zu Goethes Faust im Jahr 1936. Ellinger
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2023 begehen wir den 150. Geburtstag 
des Regisseurs und Festspielmitbe-gründers Max Reinhardt. Ausstellungen, eine virtuelle Rekreation der Faust-Stadt und ein Symposium in Leopoldskron fokussieren auf dessen letzte Salzburger Inszenierung: Goethes „Faust“ (1933–1937) – und damit auch auf die historischen Zäsuren 1933 und 1937/38. 

Die Faust-Stadt in der erzbischöflichen Felsenreitschule ist das Meisterwerk von Clemens Holzmeister.“ Mit diesen Worten beginnt ein amerikanischer Reporter seinen Bericht von den Salzburger Festspielen 1936. Der knapp zweiminütige Beitrag der Bell & Howell Filmosound Library hat sich im Filmarchiv Austria erhalten und stellt den einzigen uns bekannten filmischen Ausschnitt aus Max Reinhardts berühmter „Faust“-Inszenierung dar, die zwischen 1933 und 1937 bei den Salzburger Festspielen zu erleben war. Die Kamera schwenkt über das gesamte Bühnen-Stadtbild, bietet Einblicke in einzelne Szenerien der imposanten Simultanbühne, die ein mittelalterliches Salzburg nachahmt – mit Gärten, Giebeln, Dächern, Häusern, „die an dem Berge kleben, wie in Mülln“ (Gusti Adler) – und in der Reinhardt seine salzburgische Idee von Goethes Drama realisierte. Glocken läuten, fröhliche Paare in bäuerlicher Tracht spazieren aus den Arkaden und sammeln sich zum Tanz um die Faust-Linde, Musikanten spielen auf, ein beschwingter österlicher Reigen beginnt

. . . Szenenwechsel: Sommer 1938. Salzburg ist mit Hakenkreuzfahnen beflaggt, der ursprüngliche Spielplan umprogrammiert: Der „Jedermann“ ist abgesetzt, anstelle von „Faust“ wird in der Felsenreitschule nun Goethes „Egmont“ gegeben, in einer nationalsozialistisch umgedeuteten, klassizistischen Egmont-Stadt samt zentraler „Führer-Loge“. In einem Wochenschau-Bericht von den Festspielen (Transit Film) ist ebenfalls ein Kameraschwenk über die gesamte Bühne zu sehen. Die musikalische Untermalung – die Ouvertüre zu Mozarts „Don Giovanni“ – bricht abrupt ab; schreitende Statistensoldaten werden sicht- und hörbar und marschieren stechenden Schrittes im Trommeltakt aus der Felsenreitschule .

 . . Diese beiden zeitgenössischen Filmausschnitte markieren den historisch-politischen Kontext, in dem Max Reinhardts letzte Salzburger Inszenierung in unterschiedlichen Projekten betrachtet werden soll – und die Ambivalenz zwischen austrofaschistischer Affirmation des Österreichertums und der letztendlich unzulänglichen Abgrenzung zu Nazideutschland. 1937 geht Reinhardts „Faust“ zum letzten Mal über die Bühne. Die dräuende Katastrophe ist bereits zu spüren. Im Herbst 1937 bricht Reinhardt nach Hollywood auf. Im März 1938 wird Österreich unter großem Jubel der Bevölkerung Nazideutschland angeschlossen. Reinhardt sollte nicht wieder aus dem amerikanischen Exil zurückkehren. Im Oktober 1943 verstirbt er verarmt und seiner künstlerischen Heimat beraubt in einem New Yorker Hotel.

Rekreation. Für Reinhardts berühmte Inszenierung baute Clemens Holzmeister die überwältigende Faust-Stadt in die Felsenreitschule. „Die Idee der Stadt als Bühne wurde umgekehrt: Nun bildete die Bühne die Stadt“, konstatierte die Theaterwissenschaftlerin Pia Janke. „Intendiert war eine totale Illusionierung, für die alle theatralischen Mittel eingesetzt wurden. Optisches und Akustisches, Licht, Farben, Geräusche und Musik sollten zusammenwirken und eine neue Form des Gesamtkunstwerkes schaffen.“ Was schließlich dazu führte, dass die Inszenierung in die Theatergeschichte einging. Dabei betonte Reinhardt zugleich die menschlichen Aspekte der Handlung, die Gretchen-Tragödie wurde ins Zentrum gerückt, das kleinstädtische und bürgerliche Milieu, in dem diese Tragödie angesiedelt war, wurde besonders herausgearbeitet.

In einer virtuellen Rekreation dieser Faust-Stadt an ihrem originären Ort und in einer vielperspektivischen Führung durch Schauspielstudierende der Universität Mozarteum Salzburg lassen wir das singuläre Bühnenbild sowie Reinhardts Inszenierung wiederauferstehen und erläutern, wie Reinhardt die Felsenreitschule für das Theater entdeckte und seine letzte große Salzburger Inszenierung realisierte. Dabei kommen unterschiedlichste Medien zum Einsatz: erzählte Geschichte, Fotografien, Filmausschnitte, Objekte, Manuskripte und Tondokumente, eine Faust-Musik, dreidimensionale Bühnenelemente bis hin zu virtuellen Simulationen. Vom Ars Electronica Futurelab kommt die Umsetzung der Virtual-Reality-Applikation: Mithilfe von 3-D-Brillen erkunden die Besucher:innen das berühmte Bühnenbild aus neuen Blickwinkeln und betrachten einzelne Bereiche im Detail.

Ausstellungen. Schon ab Festspielbeginn wird Reinhardts „Faust“ in einer dreiteiligen Ausstellung im politisch-historischen, gesellschaftlichen und theatergeschichtlichen Kontext festgemacht. In Kooperation mit zwei der wichtigsten Reinhardt-Nachlassverwalter – dem Theatermuseum in Wien und der Wienbibliothek – zeichnen wir die Reinhardt’sche Inszenierung in Probennotizen, Modellen, Skizzen, Plänen, Briefen, Zeitungsartikeln, Karikaturen, Fotos und Erinnerungsstücken nach. Zu sehen sind die „Annäherungen an Faust“ im Karl-Böhm-Saal, im Stefan Zweig Zentrum in der Edmundsburg und auf Schloss Leopoldskron.

Information

Die Salzburger Festspiele finden von 20. Juli bis 31. August 2023 statt.

Nähere Informationen: www.salzburgerfestspiele.at/zum-150-geburtstag-reinhardts

Kartenbüro
Herbert-von-Karajan-Platz 11
5020 Salzburg, Österreich
Tel. +43 662 8045 500
info@salzburgfestival.at

Öffnungszeiten:
Montag bis Samstag
10:00-13:00 und 14:00-17:00 Uhr

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