Leitartikel

Europa muss seine Scheu vor Industriepolitik ablegen 

Der Markt führt zu effizienten Lösungen, nicht notwendigerweise zu denen, die den strategischen Zielen Europas entsprechen. Oder anders: Es ist kein Zufall, dass der Markt in Europa keine starke Halbleiterindustrie hervorgebracht hat.
Der Markt führt zu effizienten Lösungen, nicht notwendigerweise zu denen, die den strategischen Zielen Europas entsprechen. Oder anders: Es ist kein Zufall, dass der Markt in Europa keine starke Halbleiterindustrie hervorgebracht hat. APA/AFP/JENS SCHLUETER
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Der Markt macht reich. Aber allein macht er Europa weder technologisch unabhängig noch klimaneutral. Um ihre großen Ziele zu erreichen, muss die EU aktive Industriepolitik machen. Es gibt Vorbilder. 

Europa verfolgt zwei große wirtschaftspolitische Ziele. Man will einerseits nie mehr so erpressbar sein wie man es bei russischer Energie war, unter dem Label „strategische Autonomie“ arbeitet Brüssel daran, Schlüsseltechnologien nach Europa zu holen. Denn, so ehrlich muss man sein, in wichtigen Zweigen wie der Digitalwirtschaft ist Europa eher Schwellenland als Technologieführer. Das zweite Ziel ist grün und eine Notwendigkeit. Dass die Klimawissenschaft keine Zweifel daran zulässt, dass die Erde mit jedem Zehntelgrad mehr ein unwirtlicherer Ort wird, steht genauso außer Frage wie, dass in einer Welt steigender geopolitischer Spannungen ziemlich erpressbar dasteht, wer bei Schlüsselindustrien von anderen Blöcken abhängt.

Scheitert Europas Wende zu einer grünen und unabhängigen Industrie, wäre das verheerend. Wie teuer Abhängigkeiten wirtschaftlich und auch politisch sein können, haben die Pandemie und der Krieg in der Ukraine gezeigt. Aber auch beim Klima kann sich Europa keinen Fehltritt leisten. Zwar heißen die größten Emittenten China und USA, aber die ganze Welt schaut auf Europa. Immerhin hat sich die Staatengemeinschaft die weltweit ehrgeizigsten grünen Ziele gegeben und nur wenn die grüne Wende erfolgreich ist, stehen die Chancen gut, dass sie für den Rest der Welt zum Vorbild wird. Scheitert sie, werden sich vor allem große Schwellenländer sehr genau überlegen, wie ehrgeizig sie ihre Emissionen zurückfahren wollen.

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