Quergeschrieben

„Ich bin Moslem, bei uns ist die Regenbogenflagge Scheiße“

Überraschung: Wer viele junge Männer aus antisemitischen, schwulenfeindlichen Kulturen zu uns lässt, bekommt eben Antisemitismus und Schwulenfeindlichkeit.

Der Neos-Abgeordnete Yannick Shetty, 28, fuhr jüngst in Graz mit der Straßenbahn und war nicht amüsiert. „Ich koche vor Wut“, schrieb er auf Twitter. „Gerade in einer Straßenbahn nach der Pride. Neben mir eine junge Frau mit einem Pride-Fähnchen. Gegenüber von uns zwei ca. 12-Jährige. Sie ­reden auf Arabisch fünf Minuten lang offensichtlich abwertend und gestikulierend über die Frau, bis sie dann zu pöbeln beginnen: ,Diese Flagge schaut voll Scheiße aus.‘ Daraufhin sag ich ihnen, dass sie sich benehmen sollen. Einer der Burschen erwidert: ,Ich bin Moslem, bei uns ist diese Flagge Scheiße.‘“

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Leider kann man dem Abgeordneten da nur entgegnen: Wie bestellt, so geliefert. Wenn die politische Führung eines Landes duldend hinnimmt, dass junge Männer aus der arabisch-islamischen Welt, in der Antisemitismus, Schwulenfeindlichkeit und Frauenverachtung an der Tagesordnung sind, in großer Zahl zu uns kommen, der darf sich nicht wundern, wenn auch hierzulande Antisemitismus, Schwulenfeindlichkeit und Frauenverachtung zunehmen.

Man hat 2015/16 kein Genie sein müssen, um das zu prognostizieren, was Shetty beobachten musste. Freilich wurden bekanntlich all jene, die damals etwa vor zunehmendem Antisemitismus oder zunehmender Schwulenfeindlichkeit als Folgen dieser Migration gewarnt hatten, als rechte Unmenschen denunziert. Auch die Neos leisteten keinen so rasenden Widerstand gegen die damalige Willkommenskultur. „Wenn er nicht stiehlt, niemanden umbringt, (. . .) aber hier unsere Werte nicht anerkennt, also gegen die Gleichberechtigung der Frau ist – na gut, das werden wir verschmerzen können“, meinte etwa nonchalant die ehemalige Abgeordnete Irmgard Griss.

Vielleicht kann sie ihrem jungen Parteifreund ja erklären, dass wir dieser Logik folgend nicht nur die Aberkennung der Gleichberechtigung der Frau „verschmerzen können“, sondern auch wieder Antisemitismus und Schwulenhass. Wohin die Reise vermutlich für das westliche Europa geht, hat in den vergangenen Tagen Frankreich gezeigt. Da musste die Regierung 45.000 Bewaffnete einsetzen (gleich viele, wie die USA Soldaten im Irak brauchten, um das Land nach 2011 unter Kontrolle zu halten), um die bürgerkriegsartigen Kämpfe einigermaßen eindämmen zu können.

»Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq ist überzeugt, dass die ,Intifada‘ ziemlich böse enden wird.«

Dass dabei unter „Allahu-Akbar“ Schreien eine Holocaust-Gedenkstätte geschändet, den Juden eine neue Shoah angedroht wurde, Schulen und Bibliotheken verwüstet wurden – all das ergibt durchaus ein Bild. Ein Bild, in dem das, was Shetty in der Grazer Straßenbahn beobachten musste, nur ein kleines Puzzlestück ist. „Soll weit verbreiteter Antisemitismus unter mehrheitlich muslimischen Demonstranten nicht thematisiert werden?“, fragte da mit Recht der Historiker Heiko Heinisch. Doch, sollte er, wird er aber halt in der realen Medienwelt eher nicht so gern. Genauso wenig übrigens wie der wahrscheinlich wirkliche Charakter jenes Aufstands, der Frankreich jüngst heimgesucht hat. Eine „Intifada“ nennt der deutsche Publizist Michael Wolffsohn die Ereignisse, also „abschütteln, sich erheben, loswerden“ – diesfalls ganz offensichtlich die Herrschaft der liberalen Demokratie in Frankreich.

Einer, der das schon lang vorausgesehen hat, ist der französische Schriftsteller Michel Houellebecq. Der ist heute davon überzeugt, dass die „Intifada“ ziemlich böse enden wird. „Wenn ganze Gebiete unter islamischer Kontrolle sind, dann wird es, so denke ich, zu Widerstandsakten kommen. Es wird Attentate und Schießereien in Moscheen und in den von Muslimen besuchten Cafés geben, kurz: umgekehrte Bataclans“, gab er jüngst zu Protokoll.

Wenn das verhindert werden soll, wäre es vielleicht vernünftig, die Konsequenzen der Ereignisse seit 2015 endlich einmal realistisch und nüchtern zu sehen – anstatt jetzt zu beklagen, dass die Welt nicht so ist, wie man sie gern hätten.

Der Autor: ­Christian Ortner
ist Kolumnist und Autor in Wien.

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