Film und Bühne

Thea Ehre: Senkrechtstart ohne Stereotype

Thea Ehre steckt nicht gern in Rollenfächern.
Thea Ehre steckt nicht gern in Rollenfächern.Elsa Okazaki
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Für ihre Rolle im Krimi „Bis ans Ende der Nacht“ erhielt die Welserin Thea Ehre einen Berlinale-Preis. Ein Gespräch über Klischees und Trans-Drehbuchberatung.

Leni und Robert sind ein schönes Paar. Das müssen sie auch sein – denn von der Glaubwürdigkeit ihrer Beziehung hängt ab, ob sie den Online-Drogenhändler Viktor an die Angel kriegen. Für den verdeckten Ermittler Robert ist das eine doppelte Anstrengung: Er kann Leni – die wegen ihres einstigen Kontakts zu Viktor vom Frankfurter Drogendezernat aus dem Gefängnis rekrutiert wurde – nicht leiden. Oder steckt eine verdrängte Leidenschaft hinter seiner krankhaften Abneigung? Und wird Leni, die resolut eigene Ziele verfolgt, sich darauf einlassen?

Von diesem prekären Dreiecksverhältnis handelt Christoph Hochhäuslers schummrig-schönes Krimi-Melodram „Bis ans Ende der Nacht“. Seine Unterweltromanze ist beseelt von seidigen Schlager-Sounds à la Heidi Brühl und Hildegard Knef. Im Februar feierte sie im Wettbewerb der Berlinale Premiere – und bescherte Thea Ehre, die Leni spielt, einen Silbernen Bären für die beste Nebenrolle. Es war eine ihrer ersten Rollen überhaupt: ein Senkrechtstart. Den Druck dahinter merkt man der 23-jährigen Welserin nicht an.

Schauspielerei war schon immer ihr Ziel, sagt Ehre im „Presse“-Gespräch. Aber auch für ihr Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien hat sie lobende Worte. Sie habe dort „viele tolle FreundInnen“ kennengelernt, mit denen sie sich offen über Film und Theater austauschen konnte: „Es war sehr sozial.“ Über eine Bekanntschaft aus der Schauspielbranche kam sie an eine Agentin, die sie bis heute vertritt – für Ehre ein „Glücksgriff“.

Das gilt auch für „Bis ans Ende der Nacht“: Mit Regisseur Hochhäusler hat sich Ehre sofort verstanden, auch Leni hat ihr sehr zugesagt: „Das Schöne ist, dass sie im Unterschied zu den anderen Figuren ganz genau weiß, wo sie hinwill. Und es schafft, sich mit Charme und Charisma durchzukämpfen, obwohl ihr ständig Steine in den Weg gelegt werden. Sie lügt einem nichts vor, ist keine Täuschung.“ Als Transfrau ist Leni im Film starkem Argwohn ausgesetzt. „Bei mir hat der sich den Schwanz noch nicht abgeklemmt“, raunzt Robert (Timocin Ziegler), der vor ihrer geschlechtlichen Transition mit Leni zusammen war. Ehre, die selbst trans ist, freute sich, dass die Filmemacher eine mit der Materie vertraute Drehbuchberaterin engagierten. Das kann aus ihrer Sicht vorbeugen, dass Klischees über Transpersonen wiedergekäut werden.

Schutzkonzepte für die Reeperbahn

Auch bei „Luden“ – einer Amazon-Serie über die „Könige der Reeperbahn“, in der Ehre zu sehen ist – gab es vergleichbare Beratung. Ehre befürwortet solche Angebote ebenso wie Intimitätskoordination bei Sexszenen. Sie könne verstehen, dass manche Branchenvertreter, für die das Konzept nie Thema war, es ablehnen. Doch es ginge dabei nicht zuletzt um den Schutz jener, die neu in der Branche sind: „Es kommt immer auf die Menschen an.“ Beim Dreh von „Bis ans Ende der Nacht“ entschied sich das Team etwa bewusst dagegen, weil die Sexszenen im Film nicht explizit sind und eine gute Vertrauensbasis bestand.

Auch Identitätspolitik ist Ehre ein Anliegen. Sie spielt etwa in der Serie „Sexplanation“, produziert vom heimischen Ableger des Streamingdienstes Canal+. Diese setzt sich anhand einer fiktionalen Muster-WG mit Fragen zu Gender und Sexualität auseinander, eine Art modernes Bildungsfernsehen. Und bei Impulstanz ist Ehre Teil der Performance „Fugue Four: Response“, die sich laut Beschreibung mit „sexuellen Bilderregimen“ beschäftigt. Zugleich, sagt sie, gehe es ihr bei der Rollenwahl primär darum, dass eine Figur interessant ist – fernab von Stereotypen.

Thea Ehre ist zu sehen in:

„Bis ans Ende der Nacht“, derzeit im Kino; „Sexplanation“, 6 Folgen auf Canal+ Austria; „Luden“, 6 Folgen auf Amazon; „Fugue Four: Response“, 4. u. 6. 8., Schauspielhaus Wien.

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