Buch der Woche

Der Tod zerstört die Liebe nicht

Sabine Gruber, 1963 in Meran geboren, lebt in Wien.
Sabine Gruber, 1963 in Meran geboren, lebt in Wien. Foto: Sabine Hauswirth
  • Drucken

Unerwartet stirbt der Lebensgefährte, und Übersetzerin Renata stürzt aus allen Gewissheiten ihrer Existenz. Sabine Grubers Roman „Die Dauer der Liebe“ ist ein Lehrstück über Verlust, Trauer und neue Sinnstiftung.

Unlängst erklärte mir ein deutscher Kollege, man wisse aus der Zahl der Online-Klicks, dass sich das Feuilleton-Publikum heute kaum für Fragen der künstlerischen Form interessiere, hingegen sehr für Aspekte der Psychologie und Lebensberatung. Sabine Grubers jüngster Roman böte Gelegenheit, beide Gebiete gewinnbringend zu vereinen: „Die Dauer der Liebe“ ist ein Lehrstück über Verlust, Trauer und neue Sinnstiftung, das freilich nicht mit den Handlungsanweisungen der Ratgeberbücher aufwartet. Und es befasst sich mit den Verflechtungen von Kunst und Politik, mit der vergifteten Schönheit faschistischer Zukunftsvisionen. Zu guter Letzt wirft der Roman selbst die Frage nach seinem ästhetischen Programm auf: die Verwandlung von Schmerz in Literatur.

Erzählt wird die Chronik eines unangekündigten Todes. Die Übersetzerin Renata Spaziani, Wienerin mit italienischem Vater, bekommt eines Morgens Besuch von der Polizei: Ihr Lebenspartner Konrad Grasmann sei verstorben, auf einem Parkplatz zusammengebrochen, es war ein Herzinfarkt. Bis auf ein paar Unpässlichkeiten hat nichts darauf hingedeutet, Konrad war ein vitaler Mann, Architekt und Fotograf, Motorradfahrer, Liebhaber.

Witwe ohne Legitimation

Renata stürzt aus allen Gewissheiten ihrer Existenz, die beiden waren seit fünfundzwanzig Jahren zusammen, heiraten wollte sie nicht, weil die Ehe doch „unmöglich“ ist für eine selbstständige Frau. Das macht es Konrads Tiroler Familie leicht, seinem Testament die Anerkennung zu verweigern. „Das Recht war nur so lange auf der Seite der Liebenden, solange sie beide lebten . . . Das gemeinsame Bett, der gemeinsame Tisch, die jahrelange gegenseitige Obsorge, die Hilfeleistungen, die Zukunftsentwürfe“, sie „zählten ohne rechtlich gültigen Vertrag nichts mehr“. Konrads Testament ist bloß ein unterfertigter Computerausdruck, nicht beim Notar hinterlegt, also wird der Tote gleich einmal in Innsbruck begraben, und nicht, seinem Letzten Willen gemäß, in Wien.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.