Fahrbericht

BMW M4 Coupé: Der Aston Martin aus Bayern

Die schöne Farbe des M4 Coupés (Boston Green) regt zum Vergleich an; warum nicht mit Aston Martin? Rein funktionell herrscht Gleichstand.
Die schöne Farbe des M4 Coupés (Boston Green) regt zum Vergleich an; warum nicht mit Aston Martin? Rein funktionell herrscht Gleichstand. Clemens Fabry
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Kann man das 510 PS starke BMW M4 Coupé mit ähnlich gut bestallten Exoten vergleichen? Nur wer die Bürde des kleineren Kaufpreises schultern kann.

Unlängst musste ich Luxus erklären. Mein zehnjähriger Sohn war der Meinung, ich hätte wohl zu viel Geld für meine neue Uhr ausgegeben (eine Swatch vom Flughafen, 71 Euro). Woraufhin ich ausführte, es gebe Uhren, die noch fast unendlich viel mehr kosteten, 10.000, ja gern auch 100.000 Euro. Tiefes Unverständnis in seinem Blick (das ich im Grunde teile): Eine Uhr könne doch nicht mehr, als die Zeit anzeigen. Schon, sagte ich, aber. Und war bereits verstrickt in halbgare Erklärungsversuche, wie ein Tourbillon funktioniert, was das Tolle an der Rolex Milgauss ist – wen plagt sie denn nicht, die Zumutung starker Magnetfelder für die Ganggenauigkeit? – und zu welchem Zweck man eine Taucheruhr kauft (weiß ich eigentlich selbst nicht – niemand, den ich mit einer kenne, taucht tiefer als nach dem Köpfler im Freibad, und das meist ohne Uhr).

Sichtbar machen

Man muss das Pferd jedoch anders aufzäumen: Wo punktuell viel Geld vorhanden ist, muss es auch ausgegeben werden, weil es dadurch erst Wert erfährt, zum Beispiel, indem es für andere sichtbar wird. Die geeigneten Objekte finden sich dann schon. Autos, zum Beispiel, wenn man die Uhren schon hat. Danach wären es, neben den obligaten Immobilien in bester Lage, Privatjet und Jacht, dann Weltraumflüge und U-Boot-Reisen (man sieht: Reich sein führt fast unvermeidlich zu einem höheren individuellen CO2-Ausstoß).

Damit sind wir bei einer Taucheruhr auf vier Rädern: BMW M4. Kann auch nur fahren, macht aber mehr daraus. Nicht zuletzt für den Hersteller, denn BMW verdient traumhaft an den Fahrzeugen unter M-Label: Ein klassischer Pull-Markt, in dem man sich nicht mit Rabatten und Flottenleasing abgeben muss, sondern Plätze auf Wartelisten vergibt. Im Vorjahr hat die BMW-Tochter M GmbH 177.257 Stück verkauft, ein neuerlicher Absatzrekord, wie er auch schon für das erste Quartal des heurigen Jahres angemeldet wurde (plus 18,9 Prozent). Die größten M-Märkte sind USA, Deutschland und Großbritannien. Wenn’s der CO2-Bilanz dient: Das meistverkaufte M-Modell ist aktuell ein rein elektrisches: der i4 M50, mit 544 PS zur eiligen Weltrettung angetreten.

Uns hat die schöne Farbe des Exemplars (Boston Green, 6150 Euro) zu einem Vergleich mit Aston Martin angeregt, wo man gerade den 110. Geburtstag feiert. Der M4 ist im Grunde ein Supercar wie der Aston Martin Vantage, nur dass der BMW von der Großserie abstammt. In Details zeigt sich aber durchaus ein Finish in Manufaktur-Qualität, oder sogar darüber, weil bei Handarbeit mit höheren Toleranzen gearbeitet wird. Natürlich hat es einen anderen Klang, wenn jemand sagt, er fahre einen Aston Martin.

Aber funktionell ist wenig Unterschied. Der Vantage hat die sportlicheren Anlagen: den Motor (V8 von AMG-Mercedes) noch etwas weiter hinter die Vorderachse gerückt und das (wie auch beim BMW) von ZF stammende Achtgang-Wandlergetriebe hinten (Transaxle), und er wiegt durch viel Leichtbau etwa 100 kg weniger. Aber die Leistung bei Vantage und M4 Competition ist mit 510 PS die gleiche, wobei der BMW dem Aston bei null auf 100 sogar eine Zehntelsekunde abnimmt (3,5 Sek.). Das mag an der besseren Traktion durch Allradantrieb liegen, den es beim M4 auf Wunsch obendrauf gibt. Den kann man aber selbst dann auch wegschalten, wenn man zum Beispiel beim Driften teuren, dafür dünnen Reifengummi verbrennen will. Ein eigener Drift-Assistent im Bordmenü bewertet und speichert diesbezügliche Versuche.

Dem M4 mögen zwei Zylinder auf Supercar-Status fehlen, aber selbst das ist kein Muss mehr, siehe McLaren Artura (V6-Hybrid). Und zweifellos hat BMWs charismatischer Reihensechser eine Sonderstellung inne. Die 19/20-Zoll-Schmiederäder sind alles andere als Dutzendware, ebenso die M-Bremsanlage mit Karbonkeramik-Scheiben um 11.000 Euro Aufpreis (sinnvoll, sofern man eine Rennstrecke in der Nähe hat). Auch das ganze Interieur ist nicht dazu gedacht, von der Stange zu kommen, die Möglichkeiten zur Individualisierung trieben unser Exemplar auf über 160.000 Euro. Da ist dann schon Aston Martin in Sichtweite, allerdings auch wieder nicht, weil der Listenpreis dort wirklich nur die Talstation bei einer Bergexpedition darstellt.

Nur für eine angemessene Ausfahrt im M4 wollte sich keine Gelegenheit bieten. Wir rollten nur dahin und dorthin. Merke, Sohn: Zeit ist der wahre Luxus. Und davon hat eine teure Uhr auch nicht mehr.

BMW M4 Competition
BMW M4 Competition Clemens Fabry
BMW M4 Competition
BMW M4 Competition Clemens Fabry
BMW M4 Competition  Foto: Clemens Fabry
BMW M4 Competition Foto: Clemens FabryFabry

BMW M4 Coupé Competit.

Maße: L/B/H 4794/1887/1393 mm. Radstand 2857 mm. Leergewicht 1850 kg. Kofferraum 440 l.
Motor: R6-Zylinder-Otto-Turbo, 2993 ccm. Leistung max. 375 kW (510 PS) bei 6250/Min. DM max. 650 Nm bei 2750-5500/Min. 0–100 in 3,5 Sek. Vmax 250 km/h (el. abg.). Allrad, Achtgang-Automatik (Wandler) Testverbrauch 10,2 l/100 km.
Preis: ab 121.850 Euro (X-Drive).

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