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Männer tragen (wieder) bauchfrei

Jaden Smith gilt als junge Stilikone – und zeigt sich öfter bauchfrei.
Jaden Smith gilt als junge Stilikone – und zeigt sich öfter bauchfrei.Jon Kopaloff/Getty Images
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Um ihre Körpermitte zu zeigen, kaufen Männer ihre Shirts neuerdings in den Frauenabteilungen der Läden, andere schneiden sie einfach ab.

Mit den steigenden Temperaturen schwindet in der Mode immer der Stoff. Und das längst nicht nur in der Damenmode. In den letzten Jahren sind die Shorts der Männer, die lang fast knielang zu sein hatten, kürzer geworden. Auf dem roten Teppich wie auf dem Laufsteg zeigen immer mehr Männer gern Brust. Und neuerdings bedient man sich auch solcher Kleidungsstücke, die kürzlich eher Frauen vorbehalten waren: der Crop Tops.

In kürzeren Shirts zeigen Männer also nun auch (zum wiederholten Male in jüngster Modegeschichte) die Körpermitte. Bescheidenere Modelle legen gerade einmal den Hosenbund frei, die exaltierte Version entblößt den Bauchnabel. Angesagte Labels, etwa die Berliner Brand Hund Hund, führen extrakurze Hemden und Tanktops aktuell im Sortiment; um sich dem Trend gemäß einzukleiden genügt aber auch der Gang in die Frauenabteilungen diverser Läden oder der Griff zu kleineren Größen bzw. zur Schere.

Was sich zunächst äußerst fortschrittlich liest (und ebenso aussieht), ist eigentlich Altbewährtes aus dem vorigen Jahrhundert. Aus dem American Football kommend war ein kurzes Oberteil zu tragen eine sehr maskuline Geste, man stellte damit den wohlgeformten Körper zur Schau, die antrainierten Bauchmuskeln, den stählernen Rumpf. In einem so kleinen Shirt steckend, wirkten die Muskeln freilich noch größer. Dass sich die Männerwelt durch jenes Stück Stoff später bedroht fühlen sollte, aus Angst feminin zu wirken, ist also ziemlich ironisch.

Fragile Männlichkeit

Während in den Achtzigerjahren Carl Weathers als Apollo Creed in „Rocky III“ ein bauchfreies blaues Shirt trug und der junge Johnny Depp in bedruckter Version im Horrorklassiker „A Nightmare on Elm Street“ sein Filmdebüt gab – das kurze Top also zunehmend in die Popkultur Eingang fand –, wurde der Look in den Nullerjahren zunehmend bekrittelt. Schon 1979 verbot die NFL die sogenannten Abreißtrikots mit Sollbruchstelle auf Bauchnabelhöhe. Eigentlich sollten die das Zurückhalten der Stürmer durch die Gegner am Trikot verhindern, stattdessen rissen sich die Spieler nach Abpfiff die Abschnitte vom Leib. In den Neunzigern zeigte Will Smith Fresh Prince of Bel-Air gelegentlich noch Bauch, Mark Wahlberg modelte bauchfrei an der Seite von Kate Moss für Calvin Klein. Aus dem Sport verschwand das Crop Top aber zunehmend, damit wandelte sich auch dessen Perzeption.

Bestimmte Codes wurden in den Nullerjahren zunehmend als frivol oder feminin wahrgenommen, von denen sich Männer zu distanzieren versuchten. Crop Tops mutierten damit zu einem Kleidungsstück, dessen sich vorrangig die queere Community bediente (neben Frauen). Eingang in den modeaffinen Mainstream fand das Kleidungsstück kürzlich genau über jene wieder – so wurden bei der Pride-Parade vermehrt nackte Männerbäuche gesichtet, auch in Wien.

Und während sich im Netz noch immer viele das Maul über den vermeintlich femininen Stil zerreißen („Erinnert ihr euch, als es noch Mode für Hetero-Männer gab?“), erfreut sich eine junge Generation an androgyner und geschlechtsneutraler Mode. Als kleine große Stilikone zählt dahingehend längst der 25-jährige Jaden Smith, der nun – fast drei Dekaden nach seinem Vater, Will – wieder Crop Tops trägt. Es ist vermutlich ohnehin erst die Häme der prüden Mehrheit, die einen neuen Trend tatsächlich adelt.

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