Aerosolphysik

Dem Mikroplastik in der Luft auf der Spur

Bernadett Weinzierl vor dem DLR Forschungsflugzeug Falcon.
Bernadett Weinzierl vor dem DLR Forschungsflugzeug Falcon.DLR
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Kleinste Plastikteilchen verschmutzen Flüsse und Meere. Das ist bekannt. Unerforscht ist die Frage, wie viel davon in der Luft enthalten ist und welche Auswirkungen Mikroplastik in der Atmosphäre hat. Eine Wiener Forscherin will das ändern.

Wie hoch ist die Umweltbelastung in der Atmosphäre durch Plastikteilchen? Diese Frage untersucht die Physikerin und Meteorologin Bernadett Weinzierl in ihrem Projekt „PlasticSphere“. Finanzieren kann die Leiterin der Forschungsgruppe Aerosolphysik und Umweltphysik an der Uni Wien die Untersuchung mithilfe des mit 400.000 Euro dotierten Weiss-Preises, Österreichs höchstdotiertem und privat finanziertem Forschungspreis. 

„Prinzipiell sind alle kleinen Teilchen, die in der Luft schweben, Aerosolpartikel. Zum Beispiel der Saharastaub oder Partikel, die durch Waldbrände entstehen. Auch der Gummiabrieb von Autoreifen oder Druckern zählt dazu. Feinstaub ist nur ein anderer Begriff dafür“, erklärt die Physikerin. Unterschieden werden oft Partikel mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometern (sog. PM10 Feinstaub) sowie von weniger als 2,5 Mikrometern (PM2.5 Feinstaub), wobei Aerosolpartikel in der Luft auch größer als zehn Mikrometer im Durchmesser sein können. Sie bestehen je nach Ursprung aus unterschiedlichen Materialien wie z. B. Mineralstaub, Ruß oder Sulfat und können auch Kunststoffteilchen enthalten. Wind transportiert die Aerosolpartikel über weite Strecken. So absorbieren, streuen und emittieren sie zum einen Strahlung und verändern darüber hinaus die Bildung, die Eigenschaften und die Lebensdauer von Wolken. Zum anderen beeinflussen sie die Luftqualität und beeinträchtigen die menschliche Gesundheit.

Ruß wärmt, Sulfat kühlt

Sulfat wirkt lokal kühlend, Ruß hingegen erwärmend. Global betrachtet kühlen Aerosolpartikel das Klima ab. „Wenn sich aufgrund von Luftreinhaltemaßnahmen die Menge der streuenden Aerosolpartikel in der Atmosphäre und damit auch ihre kühlende Wirkung verringert, dann tritt der durch Treibhausgase verursachte Temperaturanstieg deutlicher zutage. Unter gesundheitlichen Aspekten ist gleichwohl jede Reduktion der Luftverschmutzung begrüßenswert – unabhängig davon, ob der globale Temperaturanstieg dadurch weniger stark gebremst wird“, sagt Bernadett Weinzierl.

Sie hat mit ihrem 15-köpfigen Team bisher mit Gerätschaften auf Forschungsflugzeugen untersucht, wie sich etwa Saharastaub während des Transportes durch die Atmosphäre verändert oder wie viel Ruß in der Atmosphäre vorhanden ist. Ziel ihres neuen Projektes ist es, mit innovativen analytischen Methoden in Labor- und Feldexperimenten die Umweltbelastung durch Kunststoffteilchen in der Atmosphäre nachzuweisen und zu bewerten. „Die Daten, die aus verschiedenen Messungen vorliegen, sind nicht miteinander vergleichbar, z. B. weil unterschiedliche Größenbereiche vermessen wurden und insbesondere Nachweismethoden für luftgetragene Mikroplastikpartikel fehlen, die kleiner als zehn Mikrometer sind und auch über weite Strecken in der Atmosphäre transportiert werden können“, so Weinzierl. Deshalb stehe man ganz am Anfang.

»Prinzipiell sind alle kleinen Teilchen, die in der Luft schweben, Aerosolpartikel. «

Bernadett Weinzierl

Physikerin, Uni Wien

Mit intensiven Laborarbeiten sowie Messkampagnen am neuen Aerosolobservatorium der Uni in Wien, am Sonnblick-Observatorium in den Hohen Tauern sowie bei Messfahrten in und um die Bundeshauptstadt wird ihr Team messen, wie viel Plastik in der Atmosphäre vorhanden ist, welche Form die Plastikfasern haben und wie sie fluoreszieren. Weil es dafür bisher keine speziellen Messgeräte gibt, greift Weinzierl auf ein Gerät zurück, das bisher nur für Bioaerosol- und Pollenmessung benutzt wird. „Wir müssen natürlich die Datenauswertung verändern, Labormessungen mit verschiedenen Plastikpartikeln durchführen und den Machine-Learning-Algorithmus trainieren, um es auf Plastikmessungen umzustellen. Aber Bioaerosole und Plastik haben beide fluoreszente Eigenschaften. Deshalb wird die Methode funktionieren“, ist sie optimistisch.

Fluoreszenz bezeichnet die Fähigkeit mancher Substanzen, Licht einer bestimmten Wellenlänge zu absorbieren und anschließend bei einer anderen Wellenlänge wieder abzugeben. „Im Labor kann das Messgerät schon eine spezifische Signatur für verschiedene Plastikpartikel identifizieren. In der Natur ist das komplizierter, weil in der Atmosphäre eine Mischung unterschiedlicher Teilchen vorhanden ist“, erklärt sie. Derzeit steht das Messgerät am Sonnblick (3106 m Höhe). Die Luft wird mit einer Pumpe in das Messgerät eingesaugt, wo die Partikel mithilfe holographischer Bilder und des Fluoreszenz-Signals analysiert werden.

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