Interview

MAN-Chef: „Wir werden 2024 bereits Elektro-Lkw auf die Straße bringen“

70 Prozent der neuen Stadtbusse sind bereits elektrisch, so Vlaskamp.
70 Prozent der neuen Stadtbusse sind bereits elektrisch, so Vlaskamp. Caio Kauffmann
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Elektromobilität ist auch im Schwerverkehr die Zukunft, sagt MAN-Chef Alexander Vlaskamp. Der höhere Anschaffungspreis werde durch günstigere Betriebskosten wettgemacht.

Die Presse: Ab 2024 bringt MAN einen Elektro-Lkw für die Langstrecke auf den Markt. Ist das ein Marketing-Gag, oder glauben Sie, dass der Elektro-Lkw auch im Fernverkehr die Zukunft ist?

Alexander Vlaskamp: Das ist die Zukunft. Wäre es nur ein Marketing-Gag, würden wir nicht in der Traton-Gruppe – unserem Mehrmarken-Nutzfahrzeug-Verbund – bis 2026 insgesamt 2,6 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung der E-Mobilität stecken. Bei MAN würden wir nicht zusätzlich über 100 Mio. Euro in ein Batteriewerk in Nürnberg und noch einmal einen zweistelligen Millionenbetrag in den Umbau des Montagewerks in München investieren, um hier E-Lkw ab 2024 zu bauen. Wir können es uns als Unternehmen nicht leisten, auch nur einen Euro zu verschwenden. Gerade erst schaffen wir bei MAN den Turnaround und haben im ersten Quartal eine operative Umsatzrendite von 5,8 Prozent erzielt. Das stimmt zuversichtlich, denn wir brauchen das Geld, um weiter in unsere Zukunft investieren zu können. Mit dem neuen E-Lkw gehen wir in Vorleistung. Er hat eine Tagesreichweite von bis 800 Kilometern. Viele werden das nicht einmal benötigen. Aber das allein wird natürlich nicht reichen. Wir brauchen auch die passende Lade-Infrastruktur. Und hier sind wir auf Politik und Netzbetreiber in jedem europäischen Land angewiesen.

Die Reichweite ergibt sich aber nur durch Nachladen untertags. Am Stück schafft der Lkw 400 Kilometer?

Er muss einmal während der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhepause geladen werden, um auf die 800 km Tagesreichweite zu kommen. Das ist richtig. Damit in dieser Zeit auch genügend Strom in die Batterie fließt, wird gerade der Megawatt-Ladestandard entwickelt. Wie lang die Reichweite mit einer Batterieladung ist, hängt natürlich unter anderem auch von der Beladung und der Topografie ab, die gefahren wird. Hier sammeln wir mit E-Bussen gerade viel Erfahrung in der Praxis.

Es gibt bei der Elektromobilität das Henne-Ei-Problem zwischen Infrastruktur und Fahrzeugen. Für Lkw existieren noch fast keine Ladesäulen – schon gar nicht mit einer Leistung von einem Megawatt. Wann wird es so ein System geben?

Die Technologie gibt es schon. Wir werden 2024 die E-Trucks auf die Straße bringen, auch Ladesäulen werden dann verfügbar sein. So richtig hochskaliert werden soll der Megawatt-Standard ab 2025. Wichtig ist, dass wir jetzt den Ausbau der nötigen Infrastruktur beginnen voranzutreiben. In Deutschland wird im dritten Quartal 2023 das Initialnetz ausgeschrieben. Beim Aufbau handelt es sich nicht mehr um Innovationen, sondern da geht es nur um das Kabellegen und das Bauen von Transformatoren. So etwas machen die Energieerzeuger seit 150 Jahren. Nur muss die Geschwindigkeit jetzt eine andere sein. Wir müssen bekannter machen, dass die E-Lkw wirklich kommen – und zwar schon nächstes Jahr! Für Netzbetreiber und Energiefirmen muss es regulatorisch einfacher werden, schnell das Stromnetz passend weiterzuentwickeln. Es ist nicht so, dass die E-Infrastruktur immer nur entlang öffentlicher Straßen errichtet werden muss. 60 bis 70 Prozent aller Lkw-Fahrten starten und enden in einem Logistik-Depot. Dort können die Trucks geladen werden, und hier benötigen wir schnell die E-Infrastruktur.

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